Filmakademie-Absolvent Dominik Hartl hat in gut einem Jahr zwei Langfilme realisiert und ist dabei vom leichten Coming-of
Age- ins abgründige Zombie-Genre gestreift. In Attack of the Lederhosenzombies mutieren alpine Hüttengaudi und ein hippes Snowboarder-Shooting zum schaurigen Showdown auf der Abfahrtspiste.
Sie haben innerhalb von knapp zwei Jahren Ihre ersten beiden Langfilme vorgelegt: nach einer leichtfüßigen Coming-of-Age Geschichte
Beautiful Girl, haben Sie nun so richtig tief ins Horror-Genre gegriffen. Steht für Sie in diesen ersten Arbeiten das Experimentieren,
das Ausprobieren verschiedener Genres im Vordergrund?
DOMINIK HARTL: Beautiful Girl war genau genommen einen Auftragsarbeit der Allegro Film. Ich hätte es aber nicht gemacht, wäre ich nicht ein großer Fan des
Coming-of-Age-Themas. Mein Steckenpferd ist und bleibt das Genre-Kino. In diese Richtung möchte ich arbeiten, dennoch ist
es mir jetzt auch wichtig, Verschiedenes auszuprobieren.
Das Horror-/Zombie-Genre ist in Österreich nicht sehr stark vertreten. Wenn, dann lässt es sich gerne von der österreichischen
Berg- und Alpenlandschaft inspirieren. Warum bietet diese sich in diesem Zusammenhang so gut an?
DOMINIK HARTL: Bei Attack of the Lederhosenzombies ging es uns darum, einen Film zu erzählen, der vom Setting her nur in Österreich stattfinden kann. Damit bot sich das alpine
Umfeld an. Ich glaube, es geht da auch um ein Alleinstellungsmerkmal. Ein Film, der so tut, als könnte er auch in den USA
spielen, kann sehr schnell peinlich wirken. Wir wollten dem Setting etwas sehr Spezifisches geben, um diesen Mix zu schaffen,
wo sich eine Genre-Nische, die man eher aus dem Amerikanischen kennt mit Orten verbindet, die es nur bei uns gibt. Es war
sehr anstrengend, am Berg zu drehen, es hat sich aber gelohnt, denn es sind uns sehr spektakuläre Bilder gelungen.
Gibt es im breiten Spektrum des Horror-Genres Inspirationsquellen/Vorbilder, deren Tonalität Sie treffen wollten?
DOMINIK HARTL: Bei den Lederhosenzombies standen vor allem frühe Filme von John Carpenter und Peter Jackson Pate für die Umsetzung. Im Speziellen
Braindead und The Thing. Ich mag die Ästhetik von Filmen aus dieser Zeit generell sehr gerne.
Welche Elemente/Themen bildeten die Basis, aus denen Sie das Horror-Szenario im wahrsten Sinn des Wortes entwickelt
haben? Wie sah die Zusammenarbeit im Drehbuchprozess zwischen Ihnen und Armin Prediger aus?
DOMINIK HARTL: Auch wenn die Geschichte jetzt relativ einfach anmutet, so war es ein komplizierter und langwieriger Prozess. Unserer Arbeit
begann unter der Prämisse, dass einerseits Snowboarder andererseits Zombies vorkommen. Dazu mussten aber erst eine Geschichte
und die dazu passenden Charaktere gefunden werden. Erfahrungsgemäß kippt ein Erzählkonstrukt, sobald man auf einer Seite etwas
wegnimmt, auch auf der anderen Seite ein. Daher war es schwierig, auf einen Punkt zu kommen. Dazu kam, dass wir uns ständig
an die Produktionsbedingungen anpassen mussten. Außerdem war die Geschichte sehr stark von der Topografie bestimmt, Handlungsstränge
mussten raus oder wir stellten fest, dass es den Ort, so wie wir ihn uns vorstellten, gar nicht gab. Es war bis kurz vor Drehbeginn
ein sehr intensiver und anstrengender Prozess.
Armin Prediger ist Ire. In einem sehr frühen Stadium war bereits der World Sales, East West Filmdistribution, involviert,
der sich einen Dreh in englischer Sprache wünschte. Ich hielt das für eine gute Idee, weil es sich bei dieser Geschichte anbot.
Der Weltvertrieb holte auch Armin ins Boot. Er schreibt sehr viel Kinderserien fürs englische Fernsehen, ist sehr genre-affin
und ist im Deutschen wie im Englischen perfekt. Es bot sich also in vielerlei Hinsicht an, mit ihm gemeinsam zu schreiben,
was wir u.a. in drei Klausuren am Berg erledigten.
Für einen zweiten Spielfilm ist die mögliche Budgetgröße in etwa absehbar. Geringes Budget lässt sich z.B. mit einer bewussten
Entscheidung für eine trashige Note kompensieren. Das scheint nicht Ihre Absicht gewesen zu sein, im Gegenteil der
Film enthält auch noch Helikopterflüge, Snowboard-Stunts. Wie haben Sie die Gratwanderung zwischen limitiertem Budget und
ehrgeiziger Optik geschafft?
DOMINIK HARTL: Die Monate vor dem Dreh waren gewiss die anstrengendsten Monate meines Lebens bisher. So vieles musste konkret werden und
natürlich brachte diese Phase sehr oft zu Tage, dass etwas was nicht ging. Es gab sehr viele Treffen mit den Head of Departments
und hieß es z.B. von Seiten Tissi Brandhofers, dem SFX-Mann Und wie stellt ihr euch das vor? Es ging in vielen
Fällen darum, sehr kreative Lösungen zu finden. Ich denke nur an den Skidoo-Unfall, der letztlich nur auf der Landkarte stattfindet.
An dieser Lösung haben wir Monate getüftelt, da der Unfall im Tal für die Geschichte unabdingbar war und wir für diesen Effekt
nicht 60.000,- und zwei Drehtage verbrauchen wollten. Es war in der Tat eine Gratwanderung und wir hatten nicht den
geringsten Polster. Bis zum Drehstart schwebte immer noch ein Fragezeichen über dem Projekt. Interessant war sobald
wir dann am Berg waren, lief es sehr gut, weil alle Teammitglieder mit sehr viel Herz dabei waren. Wir haben das dann mit
sehr viel Glück durchgerockt. Der Dreh war für alle Beteiligten eine sehr positive Erfahrung. Noch dazu hatten wir sehr viel
Glück mit dem Wetter.
Musste in diesen Wochen vor dem Dreh auch noch sehr viel aufgegeben werden?
DOMINIK HARTL: Wir mussten ziemlich viel aufgeben. Es fiel noch ein ganzer Handlungsstrang aus dem Film heraus und für vieles musste eine
kreative Lösung gefunden werden. Es gab ein paar Darlings, die wir im Vorfeld killen mussten und um die mir schon auch leid
ist. Ich bin vielleicht noch zu nahe dran, aber ich finde, es geht sich als Genrefilm aus, auch wenn für mich ein paar Einschnitte
drinnen waren.
Wo fanden die Dreharbeiten statt?
DOMINIK HARTL: Wir haben in Südtirol am Jaufenpass auf ca. 2300 m Höhe gedreht. Es war ein sehr exponiertes Gelände, weil es oberhalb der
Baumgrenze lag und sehr windig und kalt war. Von den sechs Drehwochen haben wir vier Wochen außen nachts gedreht. Es gab fast
jede Nacht einen Schneesturm, oft so heftig, dass die Darsteller die Augen nicht mehr öffnen oder wir die Flappe der Kamera
nicht aufmachen konnten. Wir haben bei allen Bedingungen gedreht, weil wir gar keine andere Wahl hatten. Wir zogen es mit
viel Glück durch. Lange war unsere Befürchtung die, dass wir zuviel Schnee haben könnten und so war es dann auch.
Zwei Tage vor Drehschluss brach dann der Frühling ein und plötzlich war das Team damit beschäftigt, Schnee auf das Hüttendach
zu befördern, um die Continuity halten zu können. Wir hatten gegen Saisonende im März und April gedreht, haarscharf zum Ende
des Winters hin, danach wäre gar nichts mehr möglich gewesen. Die größte Herausforderung an die Location-Scouts war es, einen
Ort zu finden, der entlegen aussah, schneesicher war und an den man gleichzeitig 365 Tage im Jahr mit dem LKW bis vor die
Haustür fahren konnte. Der Jaufenpass bot eine geeignete Location, dennoch mussten wir unser Buch dafür immer wieder
nachjustieren.
Wie schwierig ist bei einem ersten Genrefilm das Drehen von Bildern, die keine vollständigen Bilder sind, sondern in der Postproduktion
noch durch Computeranimation ergänzt werden?
DOMINIK HARTL: Das war für mich nicht so schwierig, weil meine letzten Filme an der Filmakademie schon Übungen für die Attack of the Lederhosenzombies waren. wie Spitzendeckchen zum Beispiel. Da hatte ich schon sehr viele practical effects ausprobiert und auch mit Compositing gearbeitet. Das war für
mich nichts Außergewöhnliches. Wir befanden uns ja auch nicht in einem riesigen Green Screen, wo alles abstrakt ist, es ging
vielmehr um kleine Effekte, die man sich am Set sehr gut dazu vorstellen konnte.
Kamera und Licht wurde vom Duo Andreas Thalhammer und Xiaosu Han gestaltet. Warum fiel die Wahl für die Bildgestaltung auf
die beiden? Wie kam es zum Lichtkonzept für die Innenaufnahmen in der Hütte, wo ihr punkto Farben aus dem Vollen geschöpft
habt?
DOMINIK HARTL: Die beiden sind schon sehr erfahren, auch wenn sie in Österreich zum Zeitpunkt unseres Drehs noch ziemlich unbekannt waren.
Das hat sich in der Zwischenzeit ziemlich geändert. Sie haben zuvor schon sehr viel Indie und Low Budget-Produktionen gemacht.
Attack of the Lederhosenzombies war ihr zwölfter Langfilm und sie hatten auch bereits Erfahrung mit Compositing. Natürlich hatten wir an den wichtigen Tagen
auch einen VFX-Supervisor am Set. Beim Innenleben der Hütte haben wir in der Tat farbmäßig ins Volle gegriffen. Ich
hatte von der Hütte immer schon ein sehr konkretes Bild vor mir. Es ist viel alpines Klischee dabei, ich finde
aber schon, dass es etwas ganz Eigenes hat, weil wir uns vorgenommen hatten, stark mit Kontrastfarben zu arbeiten. Die Vorbilder
für die Bar haben wir eher amerikanischen B-Movies entnommen, ich dachte da eher an Red Neck-Bars in den Wäldern von Virginia.
Wir versuchten, Elemente von beiden ineinanderzublenden, um diese beiden Welten kollidieren zu lassen.
Attack of the Lederhosenzombies ist als Horrorkomödie gelabelt. Es ist eine Farce mit durchaus ernsten Hintergedanken, die an Gier und Ausbeutung der Natur
oder den fragwürdigen Hüttenzauber in den Schiorten anspielen.
DOMINIK HARTL: Ich komme aus Schladming und bin mit dem Schihütten-Wahnsinn mehr oder weniger aufgewachsen. Damit hat die Geschichte ihren
Ausgang genommen. Die Kritik am Schitourismus war und ist mir wichtig, sie sollte dennoch im Hintergrund bleiben. Zuviel davon
hätte meiner Meinung nach im Genre-Kontext nicht funktioniert. Zombie-Filme stehen immer für etwas, was in der Gesellschaft
gerade passiert, allerdings auf einer eher unterschwelligen Ebene. Daher haben wir das alpine Setting gewählt, es allerdings
nicht weiter kommentiert. Es hatte auch etwas mit dem abgelegenen Drehort zu tun, der sich weniger dazu geeignet hat, von
der gnadenlosen Kommerzialisierung von Landschaft zu erzählen, als das vielleicht ein Ort wie Kitzbühel getan hätte. Außerdem
waren wir auch in der Anzahl unserer Statisten beschränkt, um vom Hüttenzauber zu erzählen. Mehrere hundert Leute,
die sich in einer Großraum-Disco besaufen, hätte das Thema auf den Punkt gebracht, das war einfach nicht drinnen.
Was führte zur Entscheidung, die jungen Protagonisten nicht mit österreichischen Schauspielern zu besetzten?
DOMINIK HARTL: Da wir uns ja in einer Genrenische bewegen, wurden von Seiten der Produktion sehr klare verwertungstechnische Überlegungen
angestellt. Der Markt, der sich für diese Nische auftut, ist vor allem im DVD und VOD-Bereich sehr groß. Das Publikum ist
sehr daran interessiert, Untertitel zu lesen, sondern lieber gleich etwas in englischer Sprache sieht. Aus meiner Sicht gab
es zwei Möglichkeiten: Entweder reden alle Englisch und tun so als ob sie das immer tun würden oder wir nutzen die Tatsache,
dass Snowboarder immer wieder aus verschiedenen Teilen der Welt zu Shootings treffen und wir die Dialoge um sie herum bauen
müssen, die Österreicher mit ihnen in ihrem schlechten Englisch reden lassen und da auch noch einen Funken an Lost in Translation-Humor
versprühen.
Man gewinnt den Eindruck, dass in diesem Projekt schon von Beginn an viele Überlegungen hinsichtlich Verwertung eingeflossen
sind.
DOMINK HARTL: Es stimmt, dass sehr viel an Überlegungen eingeflossen ist, obwohl ich aus meiner jetzigen Sicht das Gefühl habe, dass sehr
viel anders gekommen ist als wir dachten Der Film wird jetzt gerade verwertet. Ich gewinne den Eindruck, dass Verwertung sehr
viel mit Lobby zu tun hat. Wir haben im Vorhinein sehr viele Überlegungen angestellt, die Frage ist nun die, was man unterm
Strich davon auch wirklich durchbringen kann. Das ist die Realität.
Wieviel Raum hat nach sechs Wochen Dreh noch die Postproduktion eingenommen?
DOMINK HARTL: Die Postproduktion ist sehr gut verlaufen. Wir haben den Schnitt und VFX in Wien gemacht, das Sounddesign haben wir aus kostentechnischen
Gründen in Bratislava gemacht. Das war eine große Ersparnis für die Produktionsfirma, ich musste da sehr viel in kommunikationstechnischer
Hinsicht ausbaden, weil es nicht selbstverständlich war, sich auf Englisch miteinander zu verständigen. Das war oft ein Kommunizieren
mit Händen und Füßen. Das war eigentlich der anstrengendste Part der Postproduktion.
Wenn man in so kurzer Zeit seine zwei ersten Langfilme realisiert, braucht es da nun etwas wie eine kreative Pause oder ist
bereits das nächste Projekt am Entstehen?
DOMINK HARTL: Ich arbeite nicht sehr konkret an einem Projekt, sondern versuche vielmehr, mehrere Eisen ins Feuer zu legen. Ich arbeite
an einem Projekt mit Gebhardt-Film, eine Produktionsfirma, die bisher viel Fernsehen gemacht hat (u.a. Cop Stories oder Wir sind Kaiser) und nun ihren ersten Film fürs Kino produzieren möchte. Es ist ein Teen-Slasher, für den Robert Buchschwenter und
Karin Lomot das Drehbuch geschrieben haben. Kurzgefasst: In drei Tagen bist du tot auf Maturareise. Für mich ist es als nächstes Projekt ideal, da ich meine Erfahrungen aus den ersten beiden Filmen kombinieren
kann.
Lassen sich Ihre jetzigen Ambitionen im filmischen Erzählen auf Gute Unterhaltung für ein junges Publikum auf
den Punkt bringen?
DOMINIK HARTL: Ja, absolut. Mir geht es auch darum, Filme zu machen, die ich mir selbst gerne im Kino anschauen würde, die Spaß machen und
hoffentlich auch intelligent sind.
Können diesem Ansatz sowohl eigene als auch fremde Drehbücher zugrunde liegen?
DOMINIK HARTL: Ich habe dazu keine prinzipielle Haltung. Was ich nicht mag, ist alleine zu schreiben. Ich brauche beim Schreiben auf alle
Fälle einen Sparring-Partner und ich habe keinerlei Berührungsängste gegenüber fremden Stoffen. Ich habe auch schon an der
Filmakademie Drehbücher verfilmt, die nicht von mir stammten. Ich finde, man hat von außen einen klareren Blick auf die Geschichte.
Ich schreibe sehr gern und der Umstand, dass ich selber schreibe, ermöglicht mir zur Zeit, im Ausland zu leben, konzentriert
an einem Stoff zu bleiben und auch besser zu werden.
Ist da auch ein Wunsch dabei, möglichst bald außerhalb der österreichischen Grenzen zu arbeiten?
DOMINIK HARTL: Das würde mich sehr reizen, gleichzeitig bin ich da auch sehr realistisch. Wenn sich tatsächlich eine Gelegenheit ergibt,
dann bleibt das die seltene Ausnahme. Ich lebe zur Zeit in New York und bin viel im Kontakt mit Filmemachern meiner Generation
und je mehr ich entdecke, wie die Produktionssituation in anderen Ländern sei es in den USA, sei es in Europa
ist, umso mehr wird mir bewusst, wie glücklich ich mich mit der österreichischen Situation schätzen kann. Ein Film
wie Attack of the Lederhosenzombies, der für einen Nischenfilm mit einem ganz beachtlichen Budget von um die 2,5 Mio ausgestattet war, wäre in kaum
einen anderen Land möglich und ich muss sagen, ich bin sehr zufrieden mit dem, was mir bisher hier ermöglicht wurde.
Ich hatte nicht mit so einem Einstieg nach der Filmakademie gerechnet.
Interview: Karin Schiefer
März 2016