INTERVIEW

«Ich bin ein Fan von Reduktion und scharfer Kontur.»

DES TEUFELS BAD erzählt vom Leben am Land im 18. Jh.; von Kälte, Arbeit und Not. Ein düsteres Dasein, das sich durch wenige Farben und Materialien in den Gewändern der Leute widerspiegelt. In dieser Schlichtheit setzt Tanja Hausners Kostümkunst an, die in feinsten Nuancen und vielerlei Geweben zum Wesen ihrer Figuren findet, Vergangenes und Gegenwärtiges verwebt und einen subtilen Dialog zwischen der abweisenden Natur und der malerischen Intensität der Bilder entstehen lässt. Ein Gespräch mit Tanja Hausner, die für ihre Arbeit von der European Film Academy mit dem European Excellence Award 2024 in der Kategorie European Costume Design ausgezeichnet wurde.
 
 
 THE DEVIL’S BATH war ihre zweite Zusammenarbeit mit Veronika Franz und Severin Fiala; mit Kameramann Martin Gschlacht blicken Sie auf eine besonders lange Zusammenarbeit zurück. Wann im Entstehungsprozess steigen Sie in die Projekte ein? Welche Departments sind wesentliche Anknüpfungspunkte?
 
TANJA HAUSNER:
Bei Regisseur:innen, mit denen bereits eine längere Zusammenarbeit besteht, fängt die Einbindung ins Projekt sehr viel früher an. Ich schätze einen frühen Ideenaustausch sehr, denn es bietet mir die Möglichkeit, so richtig einzutauchen. Die Regie ist die wichtigste Position, weil es ja darum geht, deren Geschichte zu erzählen. Dann kommt natürlich auch die Kamera dazu. Mit Martin Gschlacht sind wir schon sehr eingespielt und es gibt auch immer wieder überraschende Erkenntnisse. Ich erinnere mich an Club Zero, als wir die Gelbtöne für die Pullis der Schüler:innen getestet haben und dann feststellten, welch schwierige Farbe Gelb war.  
Ich bekomme ein paar Stichworte, aber sie lassen mich zunächst alleine arbeiten und sind auch gespannt auf das, was kommt. Dann man sich gegenseitig weiter befruchten. Veronika und Severin haben ihrerseits sehr viel zum Brauchtum in dieser Zeit recherchiert. Bei meinem Einstieg in DES TEUFELS BAD war noch Pandemie und ich hatte viel Zeit für Recherche und um mir Gedanken zu machen. Als dann die Museen wieder aufgemacht haben, habe ich dort weiterrecherchiert. Wir konnten bei diesem Projekt deutlich vor Drehbeginn mit den Vorbereitungen beginnen; es waren dann schon alle Stoffe besorgt, wir konnten anfangen zu färben und sie so zu bearbeiten, dass sie alt und abgetragen ausschauen. Bei DES TEUFELS BAD war es ein Arbeiten in einem sehr komfortablen Zeitfenster. Schlimm ist es, wenn es heißt: „Noch nicht loslegen, weil die Finanzierung noch nicht ganz steht.“ Ich möchte dann immer schon beginnen, mich gedanklich einzulassen und weil es von Vorteil ist, wenn man früh die Stoffe besorgt oder im Fundus arbeitet. Da werden allerdings Kosten wirksam und daher muss man hier auf das grüne Licht warten.
 
 
DES TEUFELS BAD ist ein Film über ärmliche bäuerliche Verhältnisse im 17./18. Jh. Dazu sind die Quellen in Bibliotheken und Museen vielleicht nicht sehr reichhaltig. Haben Sie in einer Erzählung von einer arm, aber autark lebenden ländlichen Bevölkerung in erster Linie bei den Materialien angesetzt?
 
TANJA HAUSNER:
Materialien waren ein wichtiger Punkt, das war in erster Linie Leinen und Wolle, und weiters auch die Frage, was haben damals arbeitende Menschen getragen? Es mussten damals verfügbare Materialien sein, es musste funktional sein. Ich habe mir z.B. etwas zu den Arbeitsschürzen der Frauen überlegt, bin vom typisch blitzigen Blau für Arbeitsgewänder ausgegangen und habe es in diese Zeit transferiert, in dem sie ausgeblichen sind und eine gewisse Patina haben. Ein besonderes Thema waren die Fischer-Uniformen. Gummistiefel und Gummischürzen, wie sie heute verwendet werden, gab es nicht. Ich habe mir Schürzen und Stiefel aus ganz dickem Leder überlegt, die dann in gewisser Weise wasserabweisend sind. Dazu kamen dann noch kratzige Pullover, die das Ganze noch unangenehmer machen.
 
 
Der Film hat ein stark herbstliches Farbkonzept. Die damalige Kleidung musste natürlich Farbstoffe haben. Wie sind Sie mit dieser reduzierten Farbpalette umgegangen?
 
TANJA HAUSNER:
Ich wollte auf keinen Fall, dass alles diese typisch historische Patina bekommt, die alles leicht bräunlich überfärbt und man genau merkt, dass es auf realistisch gemacht ist und gleichzeitig künstlich wirkt. Daher habe ich mit diesem Blau eine Farbe eingeführt, die man nicht unbedingt mit einem historischen Film in Verbindung bringt, sondern eher mit Arbeitskleidung. So kann ich übers Historische hinaus auch eine allgemein gültige Wirkung zu erzielen. Auch beim Färben besteht die Herausforderung darin, es natürlich und malerisch zugleich zu machen. Im ganzen Dreck sollte auch eine Art Schönheit sein. Wir haben daher selbst gefärbt, weil man in einen neuen Stoff gleich gewisse Schattierungen oder Flecken einbringen kann. Man muss ohnehin im Nachhinein wieder Farbe wegätzen oder kratzen, damit eine Gebrauchtheit zustande kommt. Da hatte ich sehr tolle Leute im Team, die sich bei Patinieren und Kostümmalerei sehr gut auskennen
 
 
DES TEUFELS BAD spielt in ärmlichen Verhältnissen, die Leute trugen meist wohl nur ein Alltagsgewand, das auch Zeichen der Abnutzung trägt und das die Individualität der jeweiligen Figur ausdrückt. Wie konnte man in dieser Spärlichkeit Individualität zum Ausdruck bringen?
 
TANJA HAUSNER:
Ich bin ein Fan von Reduktion und scharfer Kontur. Ich finde es immer gut, wenn eine Figur ein prägnantes Kostüm anhat, das die Silhouette und Epoche der Figur eindeutig bestimmt. Mir ist es wichtig, dass eine Figur immer klar konturiert wird, insofern mag ich es, wenn eine Figur nicht jeden Tag anders angezogen ist. Das macht es auch leichter, jeder Figur ihre Eigenheit zu verpassen. Der Typus spielt natürlich auch eine Rolle. Einer Statistin mit hellen Haaren und Augen habe ich eine hellgraue Jacke und einen ins Türkis gehenden Leinenrock gegeben; ein anderer hat rötliches Haar und Bart, dann setze ich mit einem Tüchlein einen kleinen Akzent. Auf den Typus der Darsteller:innen einzugehen, ist sehr wichtig.
 
 
Wie haben Sie Wolf, den Ehemann von Agnes, angezogen?
 
TANJA HAUSNER:
Bei Wolf war es interessant, ihn in diesen dicken Pullover zu stecken. Er hat dadurch etwas Mächtiges bekommen, was auch zu seiner Physiognomie gut gepasst hat. Für die Hose haben wir in einem Fundus in Bayern ganz alte Lederhosen gefunden, die wir im Laufe des Drehs oft zusammenflicken mussten, aber es war eine wunderbar malerische, abgetragene Lederhose. Die Idee zum Pullover geht auf ein sehr altes Bild zurück, das mich erstaunt hat, weil ich das 16./17. Jh. eher mit Jacken in Verbindung brachte. Als ich auf dem Bild einen Pullover entdeckte, schien mir das ein moderner Gedanke. Der Pullover als identifizierendes Kleidungsstück unterscheidet ihn von allen anderen. Das Vorbild war so ein kettenhemdartiger Pullover, der stricktechnisch gar nicht so leicht umzusetzen war. Dadurch dass es etwas von einem Kettenhemd hat, hat es was Altertümliches, gleichzeitig etwas Kommodes – Wolf ist ja ein liebenswerter Typ, der selbst in dieser ganzen Maschinerie gefangen ist.
 
 
Wie sieht es mit dem Kostüm der Hauptfigur Agnes aus: Sie trägt im Laufe der Zeit drei Obergewänder: den Pulli, die Weste mit dem felligen Kragen, eine aus Fellflicken bestehende Weste. Sie sind vielleicht auch Zeuge einer Weiterentwicklung. Welche Überlegungen gab es zu Agnes?
 
TANJA HAUSNER:
Zu Beginn trägt sie einen, wie ich finde, recht selbstbewussten Pullover. Ich arbeite mit einer Strickerin in OÖ, die es versteht, recht moderne, grafisch gezeichnete Pullover aus toller Wolle zu stricken. Es gefiel mir, dass der Pulli von Agnes nicht das typisch trachtige Taillierte, sondern vielmehr etwas Geometrisches an sich hatte. Ich hielt die Kombination mit dem Leinenrock für harmonisch, diese Wolle bringt etwas Altertümliches ein, der nicht taillierte Schnitt geht über den Rock und hat damit etwas fast Heutiges. Die Jacke mit dem Kragen sieht man sehr gut auf dem Filmstill, wo sie den Faden in ihrem Nacken hat. Der Kragen ist nicht aus Fell. Das Ur-Teil ist aus einem Second Hand-Laden, das haben wir umgearbeitet und einen haarigen Kragen draufgesetzt. Die braune Lammfelljacke, war ihre Drüber-Jacke. Sie war bei der ersten Anprobe auch schon in einem sehr zerstörten Zustand und bedurfte laufender Behandlung.
 
 
Es klingt durch, dass Kleidungsstücke nicht alle unbedingt neu geschaffen, sondern aus verschiedenen Quellen zusammengetragen werden. Worin bestehen diese Quellen?
 
TANJA HAUSNER:
Es ist auch aus budgetären Gründen eine Mischung aus neu nähen, neu kaufen, Second Hand und Fundus. Es gab ein paar Szenen mit sehr vielen Kompars:innen, da muss schon mal einen großen Grundstock an Kostümen anfertigen. Es geht aber grundsätzlich darum, dass alle in unserem Stil etwas anhaben. Im Caritas-Lager kann man kiloweise einkaufen. Da haben wir riesige Säcke nach Wien gebracht und dann mal geschaut, wie man das zusammenstückeln kann. Es war ein Wunsch von Veronika und Severin, dass jedes Kleidungsstück einen Fehler haben sollte. Man hat intakte Stücke absichtlich an einer Stelle kaputt gemacht, oder Altes neu zusammengesetzt. Grundsätzlich sollten die Kostüme gar nicht „schön“ sein.
 
 
Zu einem gewissen Zeitpunkt im Entstehungsprozess scheint sich der kreative Prozess des Kostüme-Gestaltens zu einem großen logistischen Unterfangen zu werden.
 
TANJA HAUSNER:
Ja, logistisch wird es irgendwann ein großes Unterfangen, vor allem dann, wenn sich die Komparsenzahl ständig erhöht. Irgendwann beginnt das Improvisieren. Bei DES TEUFELS BAD waren es an die 200 bis 250 Komparsen, darunter auch Kinder. Für alle zusammen muss eine größere Auswahl da sein. Es passt ja nicht immer alles. Man ist ja immer ein wenig überrascht, wer da aller kommt. Daher ist es mir sehr wichtig, dass die Kompars:innen einmal vor dem Dreh zur Anprobe kommen, damit noch ein kleiner Zeitpuffer für etwaige Änderungen vorhanden ist. Wenn Komparsen erst am Drehtag selbst bestellt werden, dann muss man halt sehr schnell Lösungen finden. Es ist in der Tat zu gewissen Momenten ein großer logistischer Apparat, der funktionieren muss. Dennoch steht für mich in meiner Arbeit eindeutig der künstlerische Anspruch im Vordergrund.
 
 
Neben dem harten Arbeitsalltag gibt es in DES TEUFELS BAD zwei zeremonielle Momente: die Hochzeit und die Hinrichtung. Welche Möglichkeiten hatte eine junge Frau aus Agnes‘ Verhältnissen, sich ein Festkleid zu gestalten?
 
TANJA HAUSNER
: Fest stand, dass das Brautkleid im Fall von Agnes nicht weiß sein musste. Weiße Hochzeitskleider kamen erst viel später auf. Auch da bin ich auf das Blau gekommen, um das Besondere zu betonen. Es sollte mehr als ein gewöhnlicher Kittel sein. Vom Schnitt her habe ich mich eher von mittelalterlichen Quellen inspirieren lassen, d.h. nichts mit Taille und Mieder, sondern eher ein schlankes Kleid, das unten leicht ausgestellt ist. Und dann hatte ich einen alten blassen Samt, den ich seit Jahrzehnten habe, der damals schon recht schütter war, den ich besonders geliebt habe und für den ich irgendwann Verwendung finden wollte. Ich dachte mir, dass ich kein echtes zum Schnüren, aber eine Art Mieder als dekoratives Teil machen wollte, das vielleicht schon über mehrere Generationen weitergegeben worden war. Und wir haben dann noch ein kleines Vögelchen draufgestickt als die Preziose für den Festtag, für den es keinen weißen Schleier gibt, aber für den die Stickerei der kleine Tupfer auf dem "i" ist.
 
 
Worin liegt die Inspiration für die Haube, die ihr die Schwiegermutter am Hochzeitstag aufsetzt?
 
TANJA HAUSNER:
Für die Arbeitshaube habe ich mich bei den Kopftüchern, wie sie die Trümmerfrauen gebunden haben, inspirieren lassen. Wir haben lange probiert. Wir wollten kein Kopftuch, das klassisch unter dem Kinn gebunden ist, weil es unvorteilhaft ist und das Gesicht verdeckt; altmodisch nach hinten gebunden, schaut gleich so nach historischem Film aus. Wir haben uns daher die Art zu binden den Trümmerfrauen abgeschaut. Dadurch, dass die Kopfbedeckung verziert und abgesteppt ist, hat sie mehr Festigkeit bekommen. Möglicherweise hat man sie damals so getragen. Möglicherweise auch nicht.
Die Kopfbedeckung hatte vor allem funktionale Gründe. Indem sie einheiratet und ihr die Schwiegermutter die Haube aufsetzt und die Schürze umbindet, wird sie zur arbeitenden Frau. Die Schürze habe ich so gebaut, dass sie am Hals festgebunden wird, um auch zu verdeutlichen, dass sie nun eine Gefesselte, eine Gefangene ist.
 
 
Bei der Hinrichtung trägt sie ein zartes weißes Kleid, vielmehr einem Brautkleid ähnlich und sie wird beim Transport zur Hinrichtungsstätte auch noch ein schwarzes Tierfell gehüllt. Was gibt es dazu zu erzählen?
 
TANJA HAUSNER:
In diesem Moment trägt sie nicht mehr ihre eigenen Kleider, sondern irgendetwas, das ihr gegeben wird. Weiß hat sich angeboten, weil das Blut auf dem hellen Stoff sehr gut kommt, aber das Weiß steht natürlich auch für ihre Unschuld. Sie hat sich ja im Moment der Hinrichtung von ihrer ganzen Schuld und Last befreit. Die schwarze Tierhaut, in die sie gehüllt wird, ist eine tolle und grausige Idee von Veronika und Severin, die einen unheimlichen Kontrast zum dünnen weißen Kleid schafft. Für das Bild nach der Hinrichtung einer anderen Frau, das man gleich zu Beginn des Films sieht, hätte ich ja gerne noch ein bisschen stärker mit Farbe und rotem Tüll nachgeholfen, um diese Farbe malerisch in den Stoff einzuarbeiten, weil es meiner Meinung nach auch ein Albtraumbild, eine starkes Vision darstellt und daher auch etwas Künstliches hat.
 
 
Sowohl Hochzeit als auch Hinrichtung haben eine Gruppen- oder Massenszene. Welche Herausforderungen gab es da? Wie bringen Sie sich in die Gesamtkomposition einer Massenszene ein?
 
TANJA HAUSNER:
Gefilmt wird so eine Szene ja dann quasi dokumentarisch. Da kann ich nicht mehr eingreifen. Wichtig ist, dass jede Komparsin, jeder Komparse so toll aussieht, dass, falls die Kamera zufällig vorbeikommt, sie:er etwas für die Kamera hergibt.
 
 
Die Gewänder mussten in den Fischereiszenen auch völlig durchnässt eine Wirkung zeigen. Was bedeutet da ein Herbstdreh für Kostüm und die Schauspieler:innen, die mit schweren Gewändern tatsächlich im Wasser stehen?
 
TANJA HAUSNER:
Die Fischereiszenen waren für die Garderobe ein unheimlicher Aufwand. Ich musste ja auch darauf schauen, dass es den Darsteller:innen auch noch gut ging und sie nicht nur froren. Wir haben mit Heizdecken und Fön gearbeitet, Drehpause bedeutete „sofort alles drüber anziehen und Wärmeflasche drauf!“. Es gab kurze Erholungsphasen und dann ging es wieder weiter. Wir hatten natürlich auch Ersatzgewänder, es gab das gleiche Kostüm in verschiedenen Verschleiß- und Schmutzzuständen. Veronika und Severin drehen weitestgehend chronologisch, das ist sehr hilfreich und im Vergleich zu anderen Produktionen ein großer Vorteil. Unsere tollen Lederstiefel haben sich irgendwann aufgelöst und wir mussten immer weiter nacharbeiten.
 
 
Was hat rückblickend das Projekt zum außergewöhnlichen Projekt gemacht? Was freut Sie an diesem Preis besonders.
 
TANJA HAUSNER:
Eine Herausforderung bestand darin, ein Leben, das viel Arbeit und Unterjochung bedeutet, durch Kleidung zu dokumentieren. Und eine Geschichte zu erzählen, die zwar eindeutig im 18. Jh. spielt, aber darüber hinausgehend etwas erzählt, das allgemein gültig sein könnte. Mir ist wichtig, ein Miterleben, ein Mitfühlen zu ermöglichen, indem man die Figuren nicht nur in historische Kostüme steckt, sondern sie nahbar und menschlich macht, sodass man sich ihr Handeln auch heute noch vorstellen kann. Ich freu mich gerade bei diesem Projekt ganz besonders über den Preis. Bauernkostüme sind ein schwieriges Thema. Man muss sehr fein arbeiten, damit das gesamte Bild gut passt, damit die Menschen dadurch zum Leben erweckt werden und nicht irgendetwas nur „kreiert“ wird.
 
 
Ist die Gegenwart im historischen Film mitschwingen zu lassen, einer ihrer wesentlichen Ansätze in der Kostümgestaltung?
 
TANJA HAUSNER:
Ja, ich halte es für interessanter, etwas zu übersetzen als es einfach nur zu kopieren. Ich finde es eher störend, alles genau so nachzumachen, wie es im Kostümbilderbuch steht, in der Absicht besonders authentisch zu sein. Womöglich hat es gar nicht so ausgeschaut.

 
Wo liegen die schönsten Momente in einem Entstehungsprozess?
 
TANJA HAUSNER:
Wenn man die ersten Ideen sammelt und versucht, eine eigene visuelle Welt aufzubauen, sich die Figuren überlegt, Bilder sammelt, auf Stoffsuche geht; wichtig ist auch zu schauen, wie wurde ein Thema schon anderweitig aufbereitet und wie kann darauf aufbauend überlegen, etwas Neues kreieren, das sich davon abhebt. Ich mag den Austausch mit Regisseur:innen, Schauspieler:innen. Auch die Anproben finde ich irrsinnig spannend. Oft hat man eine Vorstellung im Kopf und wenn sie dann am menschlichen Körper ist, funktioniert es nicht so. Ich bin für Feedbacks von Schauspieler:innen sehr dankbar. Veronika und Severin waren bei jeder Anprobe und stiften ihre Gedanken dazu bei, das hat uns immer weitergebracht. Kostüm ist nicht nur handwerkliche Teamarbeit, es ist auch geistige Teamarbeit. Jede:r Träger:in bringt einen wichtigen Input. Wir fordern auch die Leute auf, sich im Kostüm zu bewegen, beugen setzen, länger drinnen bleiben. Grundsätzlich steht zunächst die Frage im Raum, ob ein Kostüm überhaupt in Frage kommt. Manche zieht man an und auch gleich wieder aus. Wenn ein Kostüm einmal gut ausschaut, dann muss ich mir auch überlegen, dass es sich gut anfühlt.


Interview: Karin Schiefer
November 2024









«Mir ist wichtig, ein Miterleben, ein Mitfühlen zu ermöglichen, indem man die Figuren nicht nur in historische Kostüme steckt, sondern sie nahbar und menschlich macht, sodass man sich ihr Handeln auch heute noch vorstellen kann.»