Als Jessica Hausner Anfang der neunziger Jahre ihr Regiestudium an der Wiener Filmakademie aufnahm, vermisste sie nicht nur
starke weibliche Vorbilder in der Filmkunst, sondern auch das nötige ermutigende Feedback zu den eigenen ersten Erzählversuchen.
Der Kurzfilm Inter-View setzte den Schlusspunkt ihrer Lehrjahre und den Start in eine Laufbahn, die sie direkt an die ersten Festival-Adressen Cannes
und Venedig führte. Für Resonanz war von da an gesorgt. Im kommenden Semester übernimmt Jessica Hauser als erste Frau in der
fast 70-jährigen Geschichte der Filmakademie eine Professur für Regie.
Wann haben Sie selbst an der Filmakademie studiert?
JESSICA HAUSNER: Es muss 1990 oder 1991 gewesen sein. Ich habe jedenfalls ein Jahr nach der Matura das Grundstudium begonnen. Jetzt ist es
ja ein Universitätsstudium mit Bachelor und Master, und daher wird viel strenger mit Punkten abgerechnet, was man in welcher
Zeit erledigt hat. Damals hat man sich weniger darum gekümmert, welche Unterrichte man besucht hat. In der Phase der Spezialisierung
in Regie habe ich mir semesterweise frei genommen und habe kaum mehr Unterrichte besucht, weil es für mich keinen Sinn gemacht
hat. Ich habe dann nur noch meine Filme gemacht. Meinen Abschlussfilm Inter-View habe ich im Laufe von zwei Jahren gedreht
und 1998 fertiggestellt.
In der kürzlich über Ihr Gesamtwerk erschienenen Monografie entnimmt man Passagen aus einer sehr launigen Rede, die Sie an
der Berliner DFFB gehalten haben, wonach gerade der Einstieg ins Studium und die ersten Jahre eher ent- als ermutigend waren.
Was hat Sie die Kunstform Film wählen und auch daran festhalten lassen?
JESSICA HAUSNER: Ich hatte damals den Eindruck als junge Frau, so wie ich war, auf verlorenem Posten zu stehen. Keine Vorbilder weit und breit,
an denen ich mich orientieren wollte. Die Frage, warum ich trotzdem weitergemacht habe, ist naheliegend. Ich war überzeugt,
das machen zu wollen. Als Teenager hatte ich vor, Schriftstellerin zu werden. Da hätte ich sogar ein paar weibliche Role Models
gefunden, es gab immerhin ein paar Schriftstellerinnen. Ich habe aber gemerkt, dass die Sprache für mich nicht das befriedigendste
Ausdrucksmittel war. Als ich dann aus meinen Kurzgeschichten kleine Videofilme gemacht habe, wurde mir klar, dass es genau
das war, wie ich mich äußern wollte und konnte. Die Bildsprache kam mir mehr entgegen als die Schriftsprache. Deshalb bin
ich drangeblieben. Was junge Frauen betrifft, war damals eine Art Aufbruchsstimmung. Es hatte ja Wellen des Feminismus davor
schon gegeben und ich hatte den Eindruck, dass ich auf dem aufbauen konnte, was Käthe Kratz oder Karin Brandauer oder Valie
Export geleistet hatten. Die Frauen meiner Generation hatten schon das Bewusstsein, dass Frauen genauso wie Männer es schaffen
konnten. Die Generation unserer Mütter hat oft noch das Familienleben dem Beruf vorgezogen. Wir wollten das nicht mehr.
Vor allem die Absolventinnen der neunziger Jahre haben bald für die Stunde Null des neuen, jungen und vor allem weiblichen
österreichischen Films gesorgt. Barbara Albert, Ruth Mader, Kathrin Resetarits, Valeska Grisebach sind einige Namen, die aus
dieser Studienphase mit Ihnen hervorgehen. Kreative „Familien“ entstehen zu Studienzeiten sehr oft. War die Kraft des Netzwerks
zu erkennen, einer der wichtigen Lernprozesse im Studium?
JESSICA HAUSNER: Für mich schon. Die Gründung der Produktionsfirma coop99 mit Barbara Albert, Martin Gschlacht und Antonin Svoboda hatte massiv
damit zu tun, dass ich mir nicht hätte vorstellen können, mit meinem Drehbuch zu einem der damals tätigen Produzenten zu gehen,
um meinen Film zu realisieren. Ich hatte das Gefühl, von einem anderen Planeten zu kommen und eine andere Sprache zu sprechen.
Daher war die Gründung einer Produktionsfirma, die einzige Möglichkeit, sicherzustellen, dass ich das machen konnte, was ich
will. Es war international eine Zeit, wo erstmals Frauen als Filmemacherinnen Aufsehen erregt haben. Allen voran Jane Campion
mit Sweetie. Ich erinnere mich noch an Gespräche mit Barbara Albert, mit der ich im selben Jahrgang war. Für uns war es ein
bahnbrechendes Ereignis, dass Jane Campion mit ihrem ersten Film Sweetie im Wettbewerb von Cannes gezeigt wurde. Das war ein
Meilenstein. Ein paar Jahre später hat sie ja dann noch eine halbe Goldene Palme gewonnen. Das muss man sich ja auch auf der
Zunge zergehen lassen. Wenn eine Frau gewinnt, konnte es nur der halbe Preis sein. Das war Zeitgeist. Im Nachhinein ist The
Piano ein Klassiker der Filmgeschichte, damals hat man sich nicht getraut, Jane Campion eine ganze Goldene Palme zu geben.
Eine Besonderheit dieser Jahre war auch, dass sie an der Schnittstelle vom analogen zum digitalen Filmemachen lagen. Wie hat
sich die Ausbildung damals zwischen den beiden Welten und Schulen positioniert? Welchen Vorteil hat man daraus vielleicht
mitgenommen?
JESSICA HAUSNER: Ich musste lernen, mit dem Material, das ich zur Verfügung hatte, umsichtig umzugehen. Das ist ein Unterschied zu einem Dreh
auf digitalen Medien. Jede gedrehte analoge Einstellung ist teuer. Im Schnitt hat sich das Problem gestellt, dass man durch
Schneiden und Kleben nicht öfter als ca. sieben Mal einen Schnitt setzen konnte, weil dann das Material zu brüchig geworden
ist. Am digitalen AVID-Schnittplatz probiert man unzählige Schnittversionen aus. Man hat beim Drehen wie beim Schneiden viel
mehr Möglichkeiten. Auch in der Nachbearbeitung. Das digitale Bild kann man in jeder Farbe angreifen, die Lichtbestimmung
war mit Filmmaterial viel eingeschränkter. Das sind alles Vorteile und zugleich geht es auch beim digitalen Arbeiten darum,
sich nicht verleiten zu lassen eine Milliarde Variationen auszuprobieren, sondern bei seinem Plan zu bleiben. Das ist ein
Punkt, wo auch die Ausbildung an der Filmakademie sinnvoll ist, weil man mit den Studierenden diese Vorbereitung übt. Macht
man ein Storyboard oder eine Shotlist, um die Vision festzuhalten? Das ist in der digitalen Zeit genauso wichtig wie in der
analogen. Es gibt aber einen ganz konkreten Hinweis, ob jemand digital oder analog schneiden gelernt hat. Im Digitalschnitt
hat man die Möglichkeit, einige wenige Frames rückwärts zu gehen. Ich traue dieser Art zu schneiden nicht ganz. Der Schnitt
ist eine Rhythmusentscheidung. Ich brauche ein bisschen Vorlauf und dann kommt der Schnitt. Das ist typisch für Leute, die
analog schneiden gelernt haben. Durch die digitale Technik kann man am perfekten Schnitt herumtüfteln, die Übergänge in Bewegungen
sind exakt, das erzielt vielleicht eine größere Glaubwürdigkeit oder einen eleganteren Übergang. Die Hauptfrage bleibt aber,
„Welchen Rhythmus stellt man her?“
Irgendwann verlässt man als ausgebildete/ Regisseur/in die Filmakademie. Was sollte man da im Gepäck haben? Wozu sind die
Ausbildungsjahre vor allem da?
JESSICA HAUSNER: Ich bin sehr gespannt, darüber in einem Jahr wieder zu reden, da ich dann schon aus Erfahrung als Professorin sprechen kann.
Jetzt kann ich nur aus meiner eigenen Erfahrung als Studierende sagen, was ich gebraucht hätte. Grundsätzlich sehe ich es
so, dass die Studierenden selber wissen müssen, was sie wie machen wollen. Bestimmte Leute haben starke Inhalte oder starke
formale Ideen. Oft geht das bei den ersten Versuchen komplett schief. Ich habe eine gewisse Zuneigung zu Werken, die zunächst
mal total in die Hose gehen. Das erzählt mir ja auch etwas. Es sagt mir, dass diese Person auf der Suche ist. Denn, wie ein
Film funktionieren kann, kann man sich ja abschauen. Dazu gibt es ja Filme, die vorher gemacht wurden. Wenn jemand etwas macht,
was nicht funktioniert, dann erzählt mir das erst mal, dass jemand versucht, etwas anders und neu zu machen. Das erweckt immer
mein Interesse, während Sachen, die gleich funktionieren, mich eher skeptisch machen. ich finde es spannend, etwas auszuprobieren,
was vielleicht ungewöhnlich, persönlich, originell oder neu ist.
Ein wichtiger Punkt in der künstlerischen Findung ist die Inspiration und die Zeit, die es braucht, um sich für einen Stoff
zu entscheiden, mit dem man ja mehrere Lebensjahre verbringt. Sie nehmen sich viel Zeit, einen Stoff zu finden. Wie sehr messen
Sie dieser Vorphase auch in der Vermittlung große Bedeutung zu?
JESSICA HAUSNER: Ich würde gerne einen Unterricht anbieten, wo man nur über Stoffe brainstormt. Was interessiert die Menschen? Was sind unsere
Themen heutzutage? Ich fände es sehr inspirierend, einfach Recherchen zu machen, um zu schauen, welche Themen herumschwirren.
Die beiden Aspekte, was will ich erzählen und wie will ich erzählen, geben einander die Hand. Ich persönlich nehme mir viel
Zeit, um anhand eines Exposés, das nicht mehr als zwei Seiten hat, herauszukriegen, was genau ich erzählen will. Damit beschäftige
ich mich fast ein Jahr. In dieser Zeit spreche ich sehr viel mit meiner Co-Autorin Geraldine Bajard. Ein Gros unserer Arbeit
liegt in diesem ersten Jahr, in dem wir sehr viel nachdenken, diskutieren und recherchieren: jede von uns bringt ihren Standpunkt
ein, wir machen Notizen, betrachten die Geschichte von verschiedenen Seiten. Wir wälzen das Thema hin und her, vor und zurück,
bis wir die Vielseitigkeit und Widersprüchlichkeit eines Themas erfasst haben, dann erst können die zwei Seiten Exposé interessant
werden. Dann beinhaltet der Plot auch die Widersprüchlichkeit des Themas. Es braucht Zeit und es braucht verschiedene Meinungen.
An weiblichen Role Models in der Filmkunst hat es lange gefehlt. Wie stehen Sie grundsätzlich zum Begriff Vorbild? Waren Vorbilder
wichtig für Sie? Wo haben Sie sie gefunden? Inwiefern verbindet es sich mit einer Lehrperson?
JESSICA HAUSNER: Beim Stichwort Vorbild fallen mir eher bestimmte Filme oder nur Sequenzen, Szenen, Figuren in Filmen ein. In meinen Anfängen
an der Filmakademie hat mir die Malerei geholfen. Sie war mir durch mein Elternhaus geläufig. Wichtig für mich war der französische
Maler Henri Rousseau Le Douanier, der Autodidakt war und erst mit 50 zu malen begonnen hat, um nicht mehr Zöllner sein zu
müssen. Er hat sehr schöne und sehr ungewöhnliche Bilder in einem naiven Stil gemalt. Mein erster Film Flora war von seiner
Malerei inspiriert. Ich war weniger am sozialen Realismus interessiert, sondern wollte mich mehr an einer einfachen Erzählweise,
an Kindermärchen orientieren und vereinfacht, mit simplen Farben und Ironie, etwas auf seine Essenz reduzieren. In meinem
Fall wirkte die Malerei inspirierend und bestärkend. Das kann für jede/n etwas anderes sein. Ich könnte mir vorstellen, mit
den Studierenden über mögliche Quellen der Inspiration nachzudenken. Recherche ist zum Beispiel eine Quelle der Inspiration;
es kann auch Kunst oder Musik oder Literatur sein oder ein Dokumentarfilm oder eine Fotoserie. Es gibt die verschiedensten
Versionen, um sich einem Stoff anzunähern. All das hilft, um einen Tiefgang zu erzeugen und einen Film interessant zu machen.
Wenn Sie nun Ihre Lehrtätigkeit an der Filmakademie aufnehmen, ist sie auch örtlich nicht mehr dort, wo Sie studiert haben.
Sie ist von der Metternichgasse 12 auf den Campus am Anton-von-Webern-Platz gewandert. Das markiert in vielerlei Hinsicht
ein völlig anderes Umfeld. Wo sehen Sie die größten Veränderungen, die sich in den letzten 20 Jahren vollzogen haben? Worin
muss man heute Auszubildende am stärksten unterstützen?
JESSICA HAUSNER: Ich habe das Gefühl, dass das Filmemachen seit einigen Jahren einen starken Umbruch erlebt. Streaming Dienste werden immer
größer, die Pandemie beschleunigt gerade diese Entwicklung. Erst hat man sich dagegen aufgelehnt, um die Kinos zu retten.
Es ist aber auch eine Entwicklung, die man nicht stoppen kann. Barbara Albert hat vor kurzem in einem Interview etwas sehr
Interessantes gesagt – dass man in Zukunft die Kinos eher wie Museen betrachten könnte d.h. als Orte, die stärker subventioniert
werden und somit ein Stück mehr aus der Erwerbskette herausgenommen sind. Endlich gibt es in Österreich jetzt auch den VOD-Club,
wo man pro Download ca. den Preis einer Kinokarte bezahlt. Das ist die Zukunft. Jedes Kino wird seine Filme sowohl online
als auch in seinem „Museumskino“ zeigen.
Was sich durch die Streaming-Plattformen stark ändert, ist das massive Angebot und die damit verbundene große Nachfrage nach
Content. Plattformen wie Netflix oder Amazon brauchen junge Leute, die originelle Ideen haben, nicht allzu teuer sind und
gut umsetzen. Es soll fresh aussehen und witzig sein. Das ist eine Riesenchance für Studierende und junge Filmemacher*nnen.
Im selben Ausmaß müssen sie sich angesichts dieser Nachfrage umso mehr bewusst machen, was sie wollen und was sie nicht wollen.
Man wird da leicht in den Sog einer bestimmten Machart und einer rein konsumorientierten Haltung hineingezogen. Das kann man
ja wollen, ich glaube aber, man muss sich sehr klar bewusst machen, was man da tut. Ich fände es schade, wenn das an Streaming-Plattformen
angepasste Erzählen irgendwann zum neuen Standard und nicht mehr hinterfragt wird. Das wäre schade. Es geht immer um die Öffnung
und die Diversität.
Wie sehr braucht es eine Unterstützung dahingehend, Verwertungkanäle – Festivals, Verleiher, Plattformen – in der Entstehung
des Projekts im Auge zu haben?
JESSICA HAUSNER: Ich führe sehr ausgiebige Gespräche mit Philippe Bober, der meine Filme im Weltvertrieb hat und natürlich Filme vertreiben
will, die die Leute sehen wollen. Ich möchte aber Inhalte erzählen, die mir wichtig sind. Ich möchte auch, dass Leute diese
Inhalte interessant finden. Ich kann aber nicht garantieren, wieviele Menschen sich für meine Inhalte interessieren und somit
dem Weltvertrieb gute Zuschauerzahlen sichern werden. Das steht nicht in meiner Macht und es hat immer schon Überraschungen
gegeben. Ich habe mit Ruben Östlund über The Square geredet, als er das Buch dazu schrieb und er war sich sicher, dass es
nicht so ein großer kommerzieller Erfolg werden könne wie „Force Majeure“. Und dann hat der Film die Goldene Palme gewonnen
und viele Zuschauer erreicht. Diese Fälle der positiven Überraschung gibt es immer wieder, ebenso wie umgekehrt, wo alles
im Trend zu liegen scheint und dann doch untergeht. Ich agiere jedenfalls nicht im luftleeren Raum, ich tausche mich mit meinem
Sales Agent aus. Ich glaube aber an das völlig irrationale Überraschungsmoment. Wichtig ist, dass man etwas erzählt, das einem
selbst wichtig ist.
Sie haben eingangs betont, dass zu Ihrer Studienzeit für junge Frauen trotz aller Skepsis, die ihnen entgegengebracht wurde,
doch der Boden schon aufbereitet war, um mit einem gewissen Selbstbewusstsein zu arbeiten. 25 Jahre später sind wir mitten
in einer Quotendiskussion. Wie sehr wird es weiterhin Aufgabe sein, die weiblichen Studierenden besonders zu ermutigen?
JESSICA HAUSNER: Ich möchte gerne alle gleich und nicht die Frauen stärker ermutigen. Es ist auch für junge Männer nicht ohne, ihr Selbstbewusstsein
zu stärken und sich zu behaupten. Was ich aber sehr konkret mit den Studierenden ansprechen möchte, ist die Familienplanung.
Das ist ein Thema, das immer ausgespart wird, weil es als privat gilt. Es ist kein privates, es ist ein gesellschaftliches
Thema. Und es ist für Frauen, die Filme machen, ein ganz wichtiges Thema. Ich habe im Lauf der letzten dreißig Jahre immer
wieder beobachtet, dass junge Frauen, die Mütter werden, eher erst mal im Beruf zurückstecken als die dazugehörigen Väter.
Es ist dann sehr schwer, später wieder den Anschluss zu finden. Ich finde, man muss von Anfang an diese Aufgabe teilen. Das
ist keine originell neue Idee, aber es ist die beste. Es muss wirklich geteilt werden. Und natürlich macht es Sinn für junge
Menschen sich vorher darüber Gedanken zu machen, wie sie ganz praktisch ihr Leben gestalten wollen.
Der Entscheidung für die Lehrtätigkeit gingen gewiss auch Abwägungen der Vereinbarkeit mit dem eigenen Schaffen und der Familie
voran. Das ist nicht nur eine zeitliche Frage, sondern vielleicht auch eine Frage, wo man im eigenen Schaffen stehen muss,
um sich an die Weitergabe zu wagen?
JESSICA HAUSNER: Das ist ein interessanter Punkt, mit dem ich mich beschäftigt habe, ehe ich mich für die Professur beworben habe. Die Frage
war in der Tat nicht nur eine zeitliche, sondern, ob es von meiner Aufmerksamkeit her möglich ist, ob sozusagen der Platz
im Kopf dazu frei ist. Ich war mir nicht ganz sicher und stelle aber jetzt, wo ich beginne einzutauchen, fest, dass ich den
Platz habe. Es ist natürlich sehr viel zu tun, aber ich gerate nicht in Panik. Sondern ich teile mir die Zeit einfach sehr
genau ein. So kann ich mich auch mit meinem neuen Projekt beschäftigen und auch mit meiner Familie. Wenn zu viele Dinge im
Kopf sind, wird man ja total nervös, wenn man noch etwas dazu machen soll. Das ist jetzt nicht der Fall. Ich habe anscheinend
mit meiner eigenen Arbeit inzwischen genug Zuversicht und ich spüre, dass der emotionale Platz da ist, mich auch der Aufgabe
als Professorin zu widmen.
Was freut Sie besonders an der neuen Aufgabe?
JESSICA HAUSNER: Ich freue mich sehr auf den Austausch. Ich habe schon einige Kurzfilme gesehen und merke, wie interessant es ist, einen Einblick
in die Welt der 20- bis 30-Jährigen zu bekommen. Was ihnen wichtig ist, welche Themen sie beschäftigen, wie sie unsere Welt
sehen. Mir ist wichtig zu verstehen, wie sie ticken. Und ich empfinde es als große Verantwortung. Es ist eine wichtige Zeit
für Menschen, die gerade beginnen Filmemacher*innen zu werden. Ich freue mich darauf, da eine Art Sparring-Partner zu sein.
Am ehesten sehe ich mich als jemand, der den Ball zurückwirft, der einem zugeworfen wird. Dazu bin ich bereit.
Interview: Karin Schiefer
Jänner 2021