Für sein Spielfilmdebüt hat Gregor Schmidinger ein Nevrland irgendwo zwischen Kind-Sein und Erwachsen-Werden, zwischen Realität und Phantasie, zwischen dem echten und dem inszenierten
Selbst entworfen. Seine Protagonisten Jakob und Kristjan, Sprosse der Generation Y, schickt er darin auf eine angsteinflößende
Route von der Oberfläche in die eigenen Tiefen.
Sie haben längere Zeit in den USA studiert. Was hat Sie aus Österreich weg und wieder zurückgeführt? Was haben Sie in Ihrem
Gepäck mitgebracht, das Sie jetzt in Ihrem ersten Spielfilm umsetzen konnten?
GREGOR SCHMIDINGER: Ich habe zunächst in Salzburg digitales Fernsehen studiert und eine sehr technische Ausbildung hinsichtlich Produktions-
und Sendetechnik fürs Fernsehen erhalten. Im Zuge dieser Ausbildung gab es ein Austauschsemester mit der Bowling Green State
University, wo ich am Department of Theatre and Film gelandet bin. Dort ist in der Drehbuchklasse mein erstes Kurzfilmdrehbuch
entstanden und ich entdeckte, dass mir die kreative Seite des Filmemachens eher lag. Ich habe dort auch meinen Kurzfilm The Boy Next Door gedreht, der auf YouTube mittlerweile 12 Mio Aufrufe hat. Nach meiner Rückkehr aus den USA war mir klar, dass ich eher im
kreativen als im technischen Bereich arbeiten wollte. Mein damaliger Produzent, Uli Müller-Uri, hat mich auf die Idee gebracht,
an der UCLA zu studieren, wo man die Studiengänge auch online belegen konnte. Es folgten drei sehr intensive Jahre, wo ich
jedes Semester ein Spielfilmdrehbuch abzuliefern hatte und die Deadlines an klassische Hollywoodverträge mit zwölf
Wochen für einen ersten Entwurf angelehnt waren. Aus den USA bin ich auf alle Fälle mit einem anderen Zugang zum Film
zurückgekommen. UCLA ist sehr stark von Hollywood geprägt, d.h. das Denken in Richtung Publikum ist stark verankert. Ich habe
gelernt, einerseits bei meiner Geschichte zu bleiben und dennoch mir intensiv Gedanken darüber zu machen, wie ich sie aufbereite,
um sie einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Und da das Arbeitspensum und der Zeitdruck enorm hoch waren, habe ich
gelernt, auch dann zu schreiben, wenn ich mich weniger inspiriert fühlte oder fulminante Ideen hatte.
Für einen ersten Spielfilm brauchte es auch einen Produzenten: wie wurden Sie auf das Drehbuch von Nevrland aufmerksam?
ULI GEHMACHER: Ich war von Gregors Kurzfilmen sehr beeindruckt und auch von der Präsenz, mit der er seine Filme in den Social Media platziert.
Das Drehbuch zu Nevrland hat mich gleich bei der ersten Lektüre gefesselt. Ich hatte sofort das Gefühl, dass ich so eine Geschichte noch nie zu lesen
bekommen hatte und das sage ich bei durchschnittlich 200 Drehbüchern, die ich im Jahr lese. Meinerseits war sehr schnell
klar, dass ich mit diesem Autor und Regisseur arbeiten wollte. Die bange Frage bis zu unserer ersten persönlichen Begegnung
war dann die, ob mein Bauchgefühl auch stimmte und wir uns für eine Zusammenarbeit gut verstehen würden.
Sie haben zuvor bereits zwei abendfüllende Debüts produziert: Timo Novotnys Trains of Thoughts und Monja Arts Siebzehn. Worin liegen für Sie Reiz und Risiko in der Fokussierung auf erste Filme?
ULI GEHMACHER: Der Reiz liegt in der Leidenschaft. Beide Spielfilmprojekte Siebzehn und Nevrland sind aus einem sehr persönlichen Hintergrund gekommen, die mir den Eindruck erweckten, dass da jemand einen sehr
persönlichen Teil seines Lebens preisgibt. Das zu unterstützen und jemanden, wie ich es nenne, geschützt unter die Käseglocke
zu setzen, um ihm einen möglichst großen kreativen Freiraum für die Entfaltung seines Projekts zu schaffen, das macht für
mich den Anreiz aus. Die Herausforderung als Produzent liegt für mich natürlich darin, junge Illusionen möglichst rasch auf
den Boden der Tatsachen zu holen. Dabei ist mir sehr wichtig zu betonen, wie sehr hier klare Kommunikation die entscheidende
Rolle spielt: es geht einerseits darum, dass der Filmschaffende unmissverständlich kommuniziert, was ihm in kreativer Hinsicht
die unverzichtbaren Anliegen sind, andererseits darum, dass ich meine Prämissen darlege. Da muss man sich manchmal zusammenraufen.
Dieser Austausch hat mit Gregor als einem Erstlingsregisseur wunderbar funktioniert.
Worum geht es kurz gefasst in Nevrland?
GREGOR SCHMIDINGER: Ich bezeichne es gerne als tiefenpsychologisches Coming-of-Age-Drama. Es geht ums Erwachsen-Werden, weniger um das Umfeld
als viel mehr um das, was im Inneren eines jungen Menschen passiert, um eine Auseinandersetzung mit der Vergangenheit. Im
Mittelpunkt steht ein 17-Jähriger, Jakob, der an starken Angstattacken leidet und daher gerne ins Internet flüchtet. Da lernt
er bei einem Cam-Chat einen 26-Jährigen kennen. Als seine einzige emotionale Bezugsperson, sein Großvater stirbt und sein
Vater emotional nicht zugänglich ist, wagt Jakob den Schritt, diesen Freund aus dem Netz im realen Leben zu treffen. Es beginnt
eine Nacht, in der sich Schicht für Schicht die vermeintliche Realität dekonstruiert und wir uns mit ihm in seinem Innersten
wiederfinden, wo auch die Ursache für seine Angstattacken liegt.
Der Titel legt einen Bezug zu Peter Pans Neverland nahe. Ist das Ewig-Kind-Sein ein Thema?
GREGOR SCHMIDINGER: Nevrland steht für mich für eine Phantasiewelt, in die man sich flüchtet, um nicht erwachsen werden zu müssen.
Andererseits wird mein Protagonist genau dort mit den Dingen konfrontiert, die es braucht, um erwachsen zu werden. Es geht
auch um die Fragen: Ab wann ist man erwachsen? Was ist überhaupt erwachsen? Ich bin mir da selbst nicht ganz sicher. Erwachsen-Sein
hat für mich etwas mit Eigenverantwortung, mit einem Abnabelungsprozess zu tun. Es gibt in Nevrland die Figur des Vaters (die übrigens von Josef Hader gespielt wird), der in manchen Momenten das Gefühl vermittelt, auch noch
nicht erwachsen zu sein, sondern vielmehr selbst ein Kind ist, das ein Kind groß zieht. Es gibt mehrere Themen im Film, die
auf verschiedenen Ebenen verhandelt werden.
Auf einem Video bezeichnen Sie sich als Teil der Generation Y/ Generation Tumblr. Wie lässt sich diese Generation charakterisieren?
Welche Themen und Fragen beschäftigen sie?
GREGOR SCHMIDINGER: Es ist eine Generation, die vom Internet und seiner Mechanik geprägt ist. Die Schreibweise von Nevrland erklärt sich daher, dass es rund um 2000 üblich war, bei Online-Diensten ein E wegzulassen wie z.B. bei Tumblr. Man lebt
in einer Welt, die vermeintliche Realität ist Schlagwort Instagram. Man inszeniert und präsentiert sich, ist sich
dessen bewusst, weil man es ja selbst tut und tappt gleichzeitig in die Falle, bei anderen anzunehmen, dass man es mit einer
Realität zu tun habe. Die Diskrepanz zwischen Realität und Phantasie ist das große Thema dieser Generation. Für sich selbst
herausfinden, was Substanz hat und was nur Oberfläche ist.
Es haben sich für mich bei der Lektüre des Drehbuchs zwei grundlegende thematische Linien herauskristallisiert Homosexualität
und die Überwindung der Angst. Was hat Sie als Produzent in Hinblick auf den Anspruch, mit einem Film auch den Nerv eines
potentiellen Publikums zu treffen, angesprochen?
ULI GEHMACHER: Für mich ist Nevrland eindeutig eine romantische Geschichte. Ich habe mich in meine eigene Jugend als 17-Jähriger zurückversetzt gefühlt. Ich gehöre
einer Generation an, wo man in das Poster an der Wand verliebt war, was in meinem Fall Madonna war. Emotional berührt hat
mich der heutige Aspekt, dass hier eine Art von imaginary friend auf den Plan tritt, eine Figur, nach der wir
uns alle sehnen, die plötzlich auftaucht, die uns berührt und verführt. Der zweite Aspekt, der mich sehr angesprochen hat,
ist Jakobs offener Umgang mit und Zugang zur Sexualität. Als der eine den anderen fragt: Was möchtest du eigentlich
wirklich?, antwortet der andere: Ich trau mich nicht, dich zu küssen. Es legt die Tatsache frei, dass für
jemanden, der total vollgestopft ist mit Sex aus dem Internet dieser erste Kuss mit einer viel größeren Bedeutung belegt ist
als der erste Sex. Die seelische Nähe wird zur größeren Herausforderung, egal ob wir da nun von hetero- oder homosexuellen
Beziehungen reden. Gregor hat sein Buch auch schon als post-gay-Drama bezeichnet. Die sexuelle Orientierung scheint
mir völlig austauschbar.
Kann man die beiden oben angesprochenen Themen auch als Grundmotive in Ihrem filmischen Erzählen betrachten?
GREGOR SCHMIDINGER: Ja, gewiss auch deshalb, weil sie große Themen in meiner Selbstfindung und in meinem Erwachsen-Werden waren. Ich glaube,
sie werden mich auch weiterhin begleiten. Die Angst ist ein großes Thema. Ich gewinne in meinem näheren Umfeld den Eindruck,
dass Angst- und Panikattacken immer häufiger auftreten. Die Frage nach dem Umgang damit wirft ja zunächst die grundsätzliche
Frage auf, was Angst überhaupt bedeutet. In Nevrland gibt es auch Szenen aus Therapiesitzungen, wo man auch lernt, dass die Angst im Prinzip da ist, um einen zu beschützen.
Sie haben bereits erwähnt, dass das Unterbewusste in diesem Film eine große Rolle spielt. Es wird auch ums Abtauchen in andere
Bewusstseinszustände gehen. Wie kann man sich diese Momente visuell vorstellen?
GREGOR SCHMIDINGER: Ich glaube, ich bin jemand, der sehr bildhaft schreibt. Ich hatte mit Jo Molitoris einen Kameramann, der viel Erfahrung mit
Musikvideos und Werbung gesammelt hat. Mein Eindruck nach vier Drehwochen war der, dass wir Bilder haben, die ein Zehnfaches
des Budgets vermuten lassen. Im Grunde sind da sehr viel Kreativität und Leidenschaft hineingeflossen, um das, was Jakob erlebt,
auch miterlebbar zu machen. Mir war es immer wichtig, dass es ein Kinofilm ist und Jo hat Optiken zum Einsatz gebracht, die
einen Film entstehen ließen, der erst auf der Leinwand seine volle Wirkung entfaltet.
ULI GEHMACHER: Zusätzlich zu unserem hervorragenden Kameramann haben wir auch einen sensationellen Oberbeleuchter Dominik Danner, der ein
unglaubliches Oberlicht geschaffen hat. Wir wollen noch nichts verschreien, aber der Film hat sehr ästhetische Bilder, die
nicht vermuten lassen, dass wir mit dem Budget eines Nachwuchsfilms gedreht haben. Jo hat in Los Angeles Musikvideos für U2
oder die Red Hot Chili Peppers gedreht und da mir Gregors amerikanisch geprägter Zugang zum Drehbuch sehr gefiel,
stellte ich mir die beiden als ein sehr interessantes Gespann vor. Ich glaube, dass wir im Hinblick auf Drehbuch und dessen
Ausrichtung auf die Verwertung sehr viel von den Amerikanern lernen können.
Der Film wird von zwei jungen männlichen Hauptfiguren getragen den Wiener Jakob und dem Amerikaner Kristjan. Wie sind Sie im Casting fündig geworden?
GREGOR SCHMIDINGER: Für Jakob war eigentlich klar, dass wir einen Laiendarsteller brauchen würden, da es in diesem Alter kaum jemanden mit Ausbildung
gibt. Wir haben über Facebook ein sehr offenes Casting ausgeschrieben, großes Feedback erhalten und sind wider Erwarten sehr
schnell fündig geworden. Man hatte mir prognostiziert, dass ich wohl an die 500 Jugendliche vor die Casting-Kamera bekommen
würde.
ULI GEHMACHER: Das hatte mit meiner Casting-Erfahrung für Siebzehn zu tun, wo Elisabeth Wabitsch, die Hauptdarstellerin, im Casting Nummer 552 war.
GREGOR SCHMIDINGER: Simon Neuwirth war als Kandidat für die Rolle als Jakob Nummer 42. Beim ersten Casting gab es eine improvisierte Szene, die
während einer Therapiesitzung spielte und Simon war mit einem so unglaublichen Einfühlungsvermögen präsent, dass Lisa Oláh,
die das Casting geleitet hat, und ich uns nur anschauten. Simon selbst meinte nach dieser Szene, dass er zunächst selbst zehn
Minuten brauchte, um sich wieder zu erfangen und sich klar zu werden, wo er da gerade gewesen war. Er stand für die Rolle
ziemlich schnell fest.
ULI GEHMACHER: Es war für mich bei Siebzehn unglaublich schön, eine Autorin und Regisseurin und vor allem eine Hauptdarstellerin zu haben, die ihre eigene Coming-of-Age-Geschichte
im Zuge der Dreharbeiten erlebte und spielte. Nun erlebe ich das Gleiche mit einem jungen Regisseur und einem jungen männlichen
Hauptdarsteller. Gregor hat mit seinen Hauptdarstellern eine Woche sehr intensiv geprobt und hat am Ende Simon die Haare ganz
kurz geschnitten (etwas, was er sich aus Solidarität dann auch selbst angetan hat). Es war umwerfend, was dieser
kleine Akt mit Simon gemacht hat. Man hatte innerhalb von wenigen Wochen zuschauen können, wie er sich vom Jugendlichen zum
jungen Mann gewandelt hat. Es war für mich nochmals frappierender, vielleicht weil ich es aus der männlichen Perspektive auch
besser verstanden habe.
Zur Figur des Jakob brauchte es auch einen Gegenpart Kristjan, der von Paul-Emile Forman verkörpert wird. Wie sah da das Profil aus, nach dem Sie suchten?
GREGOR SCHMIDINGER: An Kristjan waren spezielle Anforderungen gestellt: Er musste die Phantasie repräsentieren, was schon punkto Aussehen besondere
Voraussetzungen mit sich brachte. Der Gedanke hinter dem Umstand, dass Jakob und Kristjan miteinander Englisch sprechen, war
der, dass ich mit den Sprachen zwei Lebensrealitäten transportieren wollte: eine unmittelbare, in der Deutsch gesprochen wird,
und eine fiktive Realität, in die wir uns gerne flüchten, u.a. über Serien, die in der Regel englischsprachig sind. Ich wollte
jemanden finden, der eine Serienfigur sein könnte und auch eine emotionale Tiefe verkörpern kann. Darüberhinaus wollte ich
einen englischsprachigen Nativespeaker haben und habe Paul-Emile Forman unter 16 Kandidaten in London gecastet. Die beiden
Ebenen der Realität und der Phantasie, werden nicht nur über die verschiedenen Sprachen transportiert, sie unterscheiden sich
auch in der Stilistik: Wenn es um die Realität geht, handelt es sich eher um österreichischen Sozialrealismus, wenn wir uns
in der Phantasiewelt bewegen, dann erinnert es eher an amerikanisches Kino. Diese Unterschiede kommen schleichend, im Idealfall
bemerkt man sie zu spät.
Die Geschichte bewegt sich von einem eher tristen 3-Generationen-Männerhaushalt, in die dunkle Sphäre der Nachtklubs hin zu
einem künstlerische Ambiente. Wie hat das Set-Design diese massiven Veränderungen im Ambiente gemeistert?
GREGOR SCHMIDINGER: Mit Conrad Reinhardt hatten wir einen sehr erfahrenen Szenenbildner, der diese Herausforderung mit Bravour gemeistert hat.
Ich denke, es ist in erster Linie wichtig jedes Szenenbild für sich ernst zu nehmen und dieses authentisch mit Details zum
Leben zu erwecken. Wir haben aber auch darauf geachtet, dass sich manche Elemente in gewissen Szenenbildern wiederholen, um
auch so eine ästhetische Verbindung zwischen den zum Teils sehr unterschiedlichen Welten zu schaffen.
Wie haben Sie als Regisseur den Schritt vom Kurzfilm zum Langfilm erlebt?
GREGOR SCHMIDINGER: Es war mir klar, dass hier ein anderes Niveau an Intensität und Durchhaltevermögen gefragt sein würde. Für die Arbeit mit
den Schauspielern war es mir sehr wichtig, im Vorfeld eine Woche in Ruhe alles entwickeln zu können, weil ich ahnte, dass
am Set keine Zeit fürs Ausprobieren sein würde. Daher ging es recht unkompliziert. Die beiden Darsteller kannten ihre Figuren
sehr gut, wussten, was sie in den einzelnen Szenen wollten, wie sie sich verhalten. Ich war dazu da, darauf zu achten, dass
sich die Figuren nicht verliefen und leichte Korrekturen vorzunehmen. Für Kamera und Auflösung war es mir ebenfalls sehr wichtig,
Zeit im Vorfeld zu haben. Es hat keinen Moment gegeben, wo ich mich überfordert gefühlt habe.
ULI GEHMACHER: Ich habe es in unserer vertrauensvollen Zusammenarbeit sehr geschätzt, dass Gregor auf meinen Ratschlag gehört hat. Ich bin
durch meine Familie am Theater aufgewachsen und empfehle allen jungen Regisseuren und Regisseurinnen, bevor sie ihren ersten
Langfilm machen, eine Regie-Hospitanz am Theater zu machen und von der Leseprobe bis zur Premiere zu verfolgen, wie ein Theaterregisseur
mit Schauspielern arbeitet. Gregor hat das am Theater der Jugend gemacht und ich glaube, es hat ihm eine gute zusätzliche
Basis geschaffen.
Es ist bereits angeklungen, Ihre ersten beiden Kurzfilme haben 15 Mio Klicks auf Youtube erreicht. Die Promotion Ihrer Projekte
über digitale Kanäle scheint für Sie eine Selbstverständlichkeit zu sein. Warum ist Ihnen eine starke Präsenz über soziale
Medien ein großes Anliegen?
GREGOR SCHMIDINGER: Da gibt es zwei Gründe: zum einen wünscht sich natürlich jeder Filmemacher, dass seine Filme gesehen werden. Marketing ist
zunächst einmal da, um den Leuten zu erzählen, dass es Filme gibt. Marketing macht dort Sinn, wo die Aufmerksamkeit der Leute
ist: in den sozialen Medien. Bei uns sind das Facebook und Instagram. Zum anderen gibt es bei Nevrland auch einen inhaltlichen Bezug: Jakob und Kristjan lernen sich übers Internet kennen, das Internet repräsentiert eine gewisse
Sehnsucht. Das bietet sich für digitale Marketingstrategien natürlich an. Wenn ich in meinem Umfeld schaue, wie oft Leute
auf Social Media sind und diese aktiv oder passiv nutzen, dann ist es für mich klar, dass es ein integraler Bestandteil eines
Marketing-Konzepts sein muss. Ob es für jedes Projekt zutrifft, kann ich nicht sagen, das hat sehr viel mit der Zielgruppe
zu tun. Für unsere Zielgruppe besteht definitiv kein Zweifel.
In welcher Phase der Projektentwicklung haben Sie bereits begonnen, Ihr Projekt zu promoten?
GREGOR SCHMIDINGER: Ich gehöre zu den Menschen, die gerne nach außen gehen und gerne teilen und vor allem im Zuge eines Prozesses. Man kann klassische
Medien nicht in soziale Medien übertragen. Das funktioniert nicht, weil die Mechanismen andere sind. Was am besten funktioniert,
ist, Prozesse zu dokumentieren, weil die Leute dabei das Gefühl haben, dass sie Teil davon sind. Wir haben das bei Nevrland sehr intensiv betrieben. Es gibt so genannte InstaStories, wo man kurze Videos zu Geschichten aneinander reiht.
Eine Folge ist immer nur 24 Stunden abrufbar und die haben wir sehr regelmäßig gemacht und die höchsten Zugriffszahlen dafür
erreicht. Diese Geschichten vermitteln nicht das Gefühl, dass jemand einem etwas verkaufen will, sondern vielmehr dass jemand
einen teilhaben lässt. So entsteht eine persönliche Bindung, was in weiterer Folge der Mundpropaganda zuträglich ist. Ich
halte es für eine ehrlichere Art der Kommunikation.
Interview: Karin Schiefer
Mai 2018