«Mich interessiert grundsätzlich der Mensch, mit all seinen Verhaltensweisen und Beweggründen. Letzten Endes verstehe ich
ihn ja nicht und darum kreist alles um die Frage, warum verhält sich jemand so, wie er sich verhält? » Ein Gespräch mit Maria
Hofstätter, die mit dem Diagonale-Schuaspielpreis 2013 ausgezeichnet wurde.
© Portrait Maria Hofstätter: Mihai M. Mitrea
Morgen wird Ihnen der Große Diagonale-Schauspielpreis für Verdienste um die österreichische Filmkultur verliehen.
Maria Hofstätter: Ja, wie hochtrabend.
Sie sind jemand, die sich lieber im Hintergrund hält und ihre Arbeit für sich stehen und wirken lässt. Freut Sie diese Wahrnehmung
und Anerkennung umso mehr?
Maria Hofstätter: Ja, das freut mich sehr. Ich will ja für meine Arbeit geschätzt werden und nicht für etwas anderes. Dann
ist es schön, wenn es stattfindet.
Wofür möchten Sie als Schauspielerin besonders wahrgenommen werden?
Maria Hofstätter: Das kann ich jetzt schwer formulieren, weil ich darüber bei der Arbeit nicht nachdenke. Ich versuche, eine
Art Medium für die Figur zu sein, die ich zu spielen habe und das ist der Denkprozess, in dem man steckt, wenn man daran arbeitet.
Man ist ja letztendlich eine Projektionsfläche fürs Publikum, das hineinprojiziert, was es will. Ich will auch dem Publikum
keinerlei Vorlage zum Denken sein. Ich versuche, der Figur gerecht zu werden, was daraus gemacht wird. Ich versuche Rollen,
Stücke und Drehbücher auszuwählen, die mich interessieren. Bestenfalls interessieren sie das Publikum auch.
Es ist zehn Jahre her, dass wir unser letztes Gespräch geführt haben. Damals waren Sie Shooting Star in Berlin. Als Zielvorstellung
haben Sie damals gesagt: Ich möchte immer wieder mit neuen Herausforderungen konfrontiert werden und meine eigenen Grenzen
ausloten dürfen. Hat sich das erfüllt? Welche Herausforderungen haben sich in den letzten Jahren gestellt?
Maria Hofstätter: Eigentlich schon. Das ist auch der Grund, weshalb ich mich auch sehr glücklich und privilegiert in meinem
beruflichen Leben fühle. Ich darf sehr viele Dinge mit Menschen machen, die ich sehr schätze, kann davon leben und darf es
im Großen und Ganzen auch schon dreißig Jahre lang so praktizieren. Das ist nicht selbstverständlich. Ich bin sehr viel im
freien Theater, das ist auch mein Standbein, alles andere ist das Spielbein. Im Theater gibt es viele Stücke, wo mein Herz
dranhängt. Auch wenn sie jetzt nicht so bekannt geworden sind und kein so großes Publikum bekommen haben, ändert das nicht
daran, dass sie mir wichtig sind.
Stellen sich die Herausforderungen in erster Linie in der Auseinandersetzung mit der Rolle oder sind sie vielschichtiger?
Maria Hofstätter: Im Theater heißt es für mich natürlich auch die Gelder auftreiben, das Rundum einer Produktion auf die Beine
zu stellen. Das sind oft keine leichten Kämpfe. Und ich bin froh, dass ich mich auch mit diesem Rundum beschäftigen muss.
Das hilft, wenn man viel als Schauspielerin engagiert ist, auch eine Produktion in seiner Gesamtheit zu verstehen und sich
selbst weniger wichtig zu nehmen und sich als Teil des Ganzen zu verstehen.
Was waren die wichtigen Etappen in diesen letzten zehn Jahren?
Maria Hofstätter: Auf alle Fälle die Arbeiten mit Ulrich Seidl. Import Export bot mir eine sehr spannende Arbeit, als ich schon in der Vorbereitung begann, in der Geriatrie zu arbeiten. Ich habe vor
Drehbeginn drei Monate auf einer geriatrischen Station gearbeitet. Das war eine persönlich sehr bereichernde Lebenserfahrung.
Alte Menschen zu pflegen, sich mit dem Thema Alter und Tod auseinanderzusetzen, einen eigenen Umgang damit zu finden, sich
mit dem Körper alter Menschen zu konfrontieren. Das war eine prägende Arbeit für mich.
Wann hat die Arbeit für ihre Rolle der Anna in PARADIES: Glaube begonnen?
Maria Hofstätter: Das begann schon mit Ulrich Seidls Theaterstück Vater Unser, das wir 2004 auf der Berliner Volksbühne aufgeführt haben. Die Idee war, die Figur, die ich dort gespielt habe, zu erweitern.
Die Grundgeschichte der Figur war in Vater Unser bereits angelegt, es ging darum, sie in Import Export einzubinden, zuerst sollte sie als dritte Episode in den Film einfließen.
Es macht aber einen Unterschied, ob man in einem doch geschützten Rahmen im Theater spielt oder man auf die Straße gehen muss,
um Menschen zu missionieren. Ich hab versucht, mit der Wandermuttergottes Leute anzusprechen und zu missionieren und wir haben
festgestellt, dass mir das besonders schwer fiel. Wir hatten die Erfahrung in Hundstage gemacht, dass ich offensiv auf Leute zugehe, das war mir gar nicht schwergefallen. Wir gingen daher davon aus, dass ich das
kann. Es war dem nicht so. Dazu kam, dass es anderer Voraussetzungen bedurfte. In Hundstage hatte ich Narrenfreiheit, die in PARADIES: Glaube nicht hatte. Man musste ein religiöses Wissen parat haben. Ich musste mit meinen Antworten immer einen Schritt voraus sein,
das ist mir schwer gefallen. Und dann kam mir wahrscheinlich auch noch meine katholische Erziehung dazwischen, dass ich mich
einfach innerlich gesträubt habe, jemanden vom katholischen Glauben überzeugen zu müssen. Ich hätte mir nicht gedacht, dass
mir das in die Quere kommen würde, rational und emotional nicht voneinander trennen zu können. Ich hab mir sehr schwer getan,
diese Figur zu lieben, während mir das sonst bei meinen Rollen eher leicht fällt.
Müssen Sie eine Figur lieben können, um sie zu spielen?
Maria Hofstätter: Ja. Ich war es auf alle Fälle gewohnt, dass ich meine Figuren mag, ganz egal welches Handicap sie haben.
Ich versuchte sie immer zu verstehen und letztendlich zu verteidigen. Bei Anna war es hauptsächlich Ablehnung. Ich hatte immer
die Bedenken, wenn ich mir selber die Figur nicht glaube, wie sollen mir die anderen die Figur abnehmen. Da fühlte ich mich
bis zum letzten Drehtag auf Glatteis. Als ich dann den Film zum ersten Mal gesehen habe, begann ich, etwas wie Empathie für
diese Figur zu entwickeln. Das war interessant, ich hatte geglaubt, dass es dann noch schlimmer sein würde.
Wie sehen Sie losgelöst von Ihrer Figur, wenn das möglich ist, PARADIES: Glaube? Was transportiert er?
Maria Hofstätter: Ich musste sehr viel lachen, was ich bei diesem Film nicht erwartet hatte, weil mir bei den Dreharbeiten
sehr schwer ums Herz war. Da waren einerseits Nervosität und andererseits Angst, dass ich es nicht schaffe, der Figur Glaubwürdigkeit
zu verleihen und generell war Annas Zustand kein fröhlicher. Daher nahm ich an, dass auch das Ergebnis sehr depressiv sein
würde. Ich war erstaunt, wieviel Humor vorhanden ist, durch die Distanz verstehe ich die Figur besser und kann ich ihr Schicksal
einfach besser nachvollziehen. Damit habe ich nicht gerechnet und bin sehr froh, dass es jetzt so ist. Hier kommt wieder auf
den Punkt, was ich an Ulrich Seidls Arbeiten so sehr schätze: dass es nie eindeutige Opfer oder Täter gibt, sondern dass es
immer eine prekäre Mischung ist. So wie auch das Leben ist. Man ist ja nie gut oder böse, sondern hat im Leben Phasen, wo
man mal mehr dies oder mal jenes ist. Es gibt weder einfache Antworten noch einfache Verurteilungen.
Sind die Szenen in PARADIES: Glaube, wo Sie mit der Wandermuttergottes in die Familien gehen, gar nicht geprobt und ziemlich
ins kalte Wasser hinein gefilmt?
Maria Hofstätter: Ins kalte Wasser. Ulrich Seidl bereitet sich mit jedem Darsteller anders vor, wir haben auch unsere eigene
Arbeitsweise entwickelt. Es war so, dass ich von Tür zu Tür gegangen bin und missioniert habe. Zunächst ging ich mit diesen
Gruppierungen mit, damit ich überhaupt wusste, wie sie das machen. Sie haben uns beide gottseidank mitgehen lassen. Ich war
dann aber auch sehr viel allein und hab es in den verschiedensten Bezirken ausprobiert. Ich war in Arbeiterbezirken und auch
im 1. Bezirk, um Erfahrungen zu sammeln. Beim Dreh waren es von Ulrich Seidl gecastete Personen, die wussten, dass es um einen
Film geht, dass es an der Tür läuten würde, aber sie wussten nicht, wer kommen würde. Meine Aufgabe war zwar klar, was ich
zu tun habe, aber auch ich wusste nicht, wer sich hinter der Tür befand. Dadurch sind die Szenen sehr authentisch. Man kann
sich sehr schwer vorbereiten, weil jede Begegnung eine andere ist, andere Themen zur Sprache kommen, aber man immer für alle
möglichen Probleme eine katholische Antwort parat haben muss.
Das bedeutete wohl auch immer ein bisschen Bauchweh vor den Dreharbeiten?
Maria Hofstätter: Ja, auf jeden Fall. Das Besondere wiederum bei Ulrich Seidl ist, dass er so viel dreht und dass es nicht
für einen kurzen Take gleich punktgenau sein muss wie das bei anderen Regisseuren der Fall ist. Das bietet auch eine Art von
Schutz, den man nicht unterschätzen darf. Das tut schon gut. Auch wenn man einerseits mehr von sich selber hergeben muss,
kann man sich bei ihm auch ganz anders fallen lassen. Er lässt einem sehr viel Zeit und sagt machen wir in einem Jahr
weiter. Er ist unglaublich geduldig, hartnäckig kann man es auch nennen. Bei wem hat man das? Er macht einem keinen
Stress. Viele glauben, Dreharbeiten mit Ulrich Seidl ist extrem anstrengend, ist es aber auch wieder nicht. Er nimmt sich
im Vorfeld so viel Zeit für jeden. So wird, bevor man zu drehen beginnt, ein großes Vertrauensverhältnis hergestellt, dass
dann gewisse Probleme nicht auftauchen, weil das im Vorfeld ausgeräumt wird. Es ist bei ihm nicht möglich, dass man am Set
steht und nicht weiß, worum es geht.
Josef Bierbichler schreibt im Fotobuch zur PARADIES-Trilogie: Seidl schafft es wie sonst niemand, Laien und Berufsschauspieler
gleich ausschauen zu lassen. Ihnen ist in einem Seidlfilm alles genommen und dadurch alles gegeben. Wie lässt sich das
kommentieren?
Maria Hofstätter: Ja, das stimmt. Man muss alles vergessen, was man einmal gelernt hat. Das hat bei Ulrich Seidl keinen Platz.
Man muss eigentlich wieder zum Laien werden. Die Aufgabe an den Schauspieler, der mit ihm arbeitet, besteht darin, mit demselben
unverstellten Blick an die Dinge heranzugehen wie ein Nicht-Profi. Insofern sind die Laien fast ein bisschen im Vorteil. Ulrich
Seidl interessiert sich nicht für die Frage, wer ist jetzt Laie und wer ist jetzt Profi, ihm geht es in erster Linie darum,
herauszufinden, wer am ehesten in der Lage ist, eine Figur zu spielen? Ein Name zählt für ihn gar nicht. Er spricht zurecht
auch von Darstellern und nicht von Schauspielern und Laien. Man muss sich auf seine Arbeitsweise einlassen und den Weg mitgehen
wollen.
Ist das Finden des Textes, was ja in weiten Teilen den Darstellern überlassen ist, ein Lernprozess oder bedarf es dafür einer
besonderen Gabe, die man als Seidl-Darsteller einfach mitbringen muss.
Maria Hofstätter: Ich muss mir die Figuren bei Seidl wirklich aneignen. Da gibt es aber verschiedene Zugänge. Es gibt Laien,
die sehr bei sich sind, andere spielen tatsächlich eine Rolle. Es gibt alle Formen. Ich brauche im Vorfeld unterschiedlich
lange, um beim Dreh in der Lage zu sein, spontan, ohne nachzudenken (diese Zeit hat man beim Improvisieren nicht) etwas sagen
zu können. Das muss aus dem Bauch heraus funktionieren. Ich muss mir eine Art Wissensfundus aneignen. Ein Mensch wie Anna
in PARADIES: Glaube weiß sehr viel über die Bibel, kennt eine Menge religiöser Lieder. Meine Figur in Hundstage, kannte ihre Werbe-Jingles und Lebensmittel-Ingredienzien auswendig, das muss man wirklich lernen und dann kann auf diesen
Fundus im Bedarfsfall zurückgreifen kann. Dann muss man es fließen lassen, das gelingt manchmal und manchmal gelingt es nicht.
Es kann vorkommen, dass der Einstieg holprig ist und dann läuft es plötzlich gut und dann kommt es zu keinem Ende. Den spannenden
Moment in der Mitte kann man dann aber nicht verwenden, weil er keinen Anfang und kein Ende hat. Das lässt sich nicht schneiden.
Deshalb muss man sehr viel Material sammeln, dass es sich auch fügt und darum braucht Ulrich Seidl immer so viel Zeit zum
Schneiden.
Verdienste um die österreichische Filmkultur lässt aber auch durchklingen, dass es nicht nur um die Seidl-Darstellerin
Maria Hofstätter geht, sondern hier klingt ein breiter Fächer an Facetten durch. Wie verteilt sich Ihre aktuelle Tätigkeit
auf die verschiedenen Bereiche?
Maria Hofstätter: Ich wollte nie in einer Schublade stecken. Ich hab mit Kabarett begonnen, mache viel Theater und auch bei
den Dreharbeiten, will ich mich auf nichts festlegen. Meine Festlegung ist die, dass mich irgendetwas daran interessieren
muss, bevor ich zusage. Man weiß ja noch nicht, was rauskommt. Man kann es im Vorfeld nicht wissen. Es ist immer ein Team-
und ein Arbeitsprozess, der Grundmotor ist der, dass mich irgendetwas an der Geschichte interessieren muss. Ich spiele viel
mehr Theater als ich Dreharbeiten habe. Am Theater warte ich ja auf keine Engagements, sondern produziere vieles selber und
bin häufig auf Tournee. Bei Filmen muss ich engagiert werden und da hält es sich schon sehr Grenzen, wo ich zusagen möchte.
Interessanterweise werde ich häufiger für Fernsehen als für interessante Kinofilme angefragt, was nicht unbedingt meine Lieblingsangelegenheit
ist. Manches macht sehr Spaß, bei manchem muss man auch nein sagen. Ich möchte nicht zu stark diesen Fernsehweg
einschlagen.
2012 waren Sie in der Rolle der Herta in Braunschlag das erste Mal auch in einer TV-Serie zu sehen. Bei einer Serie läuft
man wohl noch leichter Gefahr, in einen Typus hineinzurutschen.
Maria Hofstätter: Das ist gewiss so und ich habe auch nur zugesagt, nachdem ich mich versichert hatte, dass es nach acht Folgen
wieder vorbei ist und dass ich danach auf alle Fälle aussteigen dürfte. Es war eine sehr lustige Arbeit, die ich sehr genossen
habe.
Im Februar standen Sie in einem Stück von Dea Loher auf der Bühne? Wenn Sie im Theater auf der Bühne stehen, dann geht es
um starke Frauenfiguren bzw. um gesellschaftlich brisante Themen. Ist das Theater der Ort, wo Sie am meisten Ihre persönliche
Haltung mit Ihrer Arbeit vereinen können?
Maria Hofstätter: Insofern, als ich mir durch meine Arbeit fürs Projekttheater Vorarlberg die Dinge viel stärker aussuchen
kann und somit kann ich mich auch besser damit identifizieren. Darum habe ich auch eingangs gesagt, das Theater ist mein Standbein.
Bei meiner Arbeit mit Ulrich Seidl ist es auch so, dass zwischen uns ein Grundverständnis herrscht, das wir nicht mehr diskutieren
müssen, sondern uns nur mit der Frage beschäftigen: Wie setzen wir es um? Das ist bei der Arbeit im Film keine
Selbstverständlichkeit. So kommt es, dass ich mich im Theater mit meinen Projekten besser identifizieren kann.
Wie werden die Themenstellungen, die Prämissen im Projekttheater Vorarlberg gesetzt?
Maria Hofstätter: Wahrscheinlich arbeite ich noch immer in diesem Beruf, weil er mir die Möglichkeit bietet, mich mit Themen
zu beschäftigen, die mich interessieren. Das ist der Hauptgrund, warum ich das mache. Ich habe keinerlei pädagogische Ansätze
gegenüber der Gesellschaft, es geht mehr um die persönliche Auseinandersetzung mit Themen. Mich interessiert einfach grundsätzlich
der Mensch, mit all seinen Verhaltensweisen und Beweggründen. Letzten Endes verstehe ich ihn ja nicht und darum kreist alles
um die Frage, warum verhält sich jemand so wie er sich verhält? Das auszuloten ist spannend. Im Projekttheater Vorarlberg
habe ich Kollegen gefunden, mit denen ich gemeinsam an Themen forschen kann, die eine ähnliche Arbeitsweise haben. Der gesellschaftspolitische
Aspekt ist kein primärer Beweggrund, aber unterschwellig ja, der Mensch ist nun mal ein gesellschaftliches Wesen und befindet
sich in einem gesellschaftlichen Kontext, insofern ist es ständig politisch. Aber es bewegen mich in keiner Weise parteipolitische
Motive und die Absicht, Botschaften zu vermitteln. Es geht mir um eine Form von Humanismus, der mir wichtig ist. Es ergibt
sich von selbst. Wenn man sich alle meine Arbeiten anschaut, glaube ich schon, dass man etwas über mich persönlich erfährt,
meine Anliegen, meine Sicht der Dinge spürt man wahrscheinlich durch.
Bist du an einem Punkt, wo du sagen kannst, du kannst die wirtschaftliche Notwendigkeit und deine künstlerischen Anspruch
gut miteinander verbinden?
Maria Hofstätter: Eigentlich schon. Was wahrscheinlich darauf beruht, dass ich keine besonderen wirtschaftlichen Ansprüche
stelle, sondern es immer als Luxus empfunden habe, eine Arbeit zu machen, die mich interessiert. Jeder Mensch definiert Luxus
anders, für mich ist das halt der Luxus. Ich hab auch nichts dagegen, einmal mehr für eine Arbeit zu bekommen, die Spaß gemacht
hat. Geld ist für mich kein Auswahlkriterium. Ich habe auch keine Familie zu ernähren. Vielleicht wären in meinem Leben manche
Entscheidungen anders gefallen, wenn ich anderen Menschen gegenüber Verpflichtungen hätte. Man kann natürlich freier agieren,
wenn man nur für sich selber sorgen muss.
Arbeiten Sie bereits an Ihren nächsten Projekten?
Maria Hofstätter: Im Herbst werden wir mit dem Projekttheater Vorarlberg eine Auftragsproduktion realisieren, für die wir
einen Autor beauftragt haben, über zwei Gugginger Künstler ein Stück zu schreiben. Mit Anna und Martha von Dea Loher und einigen
älteren Produktionen werden wir auf Tournee gehen. Dafür ist sehr viel zu organisieren, Theater muss man ja sehr langfristig
planen, während man im Film eher kurzfristig angefragt wird. Das ist manchmal ein Grund, warum ich Filmangebote nicht annehmen
kann, weil durch das Theater oft schon Zeiten verplant sind. Ich finde es schön, dass ich beides machen darf. Vor kurzem hatte
ich Gelegenheit, an einem Hörspiel mitzuarbeiten. So habe ich auch das Radio für mich entdeckt. Ich finde es schön, in verschiedenen
Genres arbeiten zu dürfen.
Ist selber Regie-Führen ein Gedanke, der dich beschäftigt?
Maria Hofstätter: Nein, das kann ich mir gar nicht vorstellen. Ich hab ein Gespür für Rollen, lote gerne aus, was macht dieser
Mensch? Was macht er nicht? Aber ich könnte nicht eine ganze Geschichte entwickeln. Ich brauche für meine eigene kreative
Arbeit einen roten Faden und einen Rahmen. Den muss ich als Regisseur schaffen können. Ich kann auch nicht schreiben. Das
war auch ein Grund, weshalb ich mit Kabarett wieder aufgehört habe, weil andere Leute besser schreiben können. Meine Stärke
liegt im Reinsteigen in eine Figur oder in eine Geschichte. Empathisch mich einfühlen, ein Filter zu sein, der Figur Fleisch
und Blut zu sein.
Interview: Karin Schiefer
März 2013