INTERVIEW

Produzent Josef Aichholzer über OUTBOUND

 

«Man muss im einzelnen Fall immer gut überlegen, ob eine Koproduktion Sinn macht. Bei einem Projekt wie Outbound geht es um künstlerische Brücken, um nachhaltige Produzentenbrücken, neue Konstellationen, für den Fall, dass wir für ein späteres Projekt etwas brauchen. So kann man etwas aufbauen.» Ein Gespräch mit dem Koproduzenten von Outbound, Josef Aichholzer.

 

Inwiefern war Cristian Mungiu, der Gewinner der Goldenen Palme 2007 am Drehbuch von Outbound beteiligt?
Josef Aichholzer: Die Basis ist ein Storyentwurf von Cristian Mungiu, der die Idee noch ausreifen wollte, soweit ich weiß geriet er durch die Goldene Palme in einen Post-Cannes-Strudel mit sehr vielen Verpflichtungen. Irgendwann war der Punkt erreicht, wo man gesehen hat, Cristian Mungiu kommt einfach nicht dazu, an der Bearbeitung weiterzumachen, es brauchte eine andere Lösung und man suchte nach jemandem, der auch in der Schreibe in seine Fußstapfen treten könnte. Die Grundidee der Vorlage war zwar da, sie wurde aber von Grund auf neu entworfen.

Nach der Oscar-Gewinn ist es wahrscheinlich bei einem Produzenten ähnlich wie bei einem Regisseur, dass man in dem Moment, wo man sehr gute Karten in der Hand hat, sich gut überlegt, mit wem und in welche Richtung man weiterarbeitet. Wie sind Sie nach dem Oscar für Die Fälscher da vorgegangen?
Josef Aichholzer: Ja und nein zur ersten Frage. Ich habe mich auch vorher schon nur auf Kooperationen eingelassen, an die ich geglaubt habe. Kaufmännische Überlegungen, um den Betrieb weiter zu beschäftigen waren bei mir nie das treibende Element. Eine Filmproduktion ist immer von verschiedenen Elementen beeinflusst und das Kaufmännische ist ein Element. aber es Im Vordergrund steht für mich vor allem die Frage, ob etwas vertrauenswürdig ist. In diesem Fall – ich treffe meine Entscheidungen nicht allein, sondern berate mich mit anderen Menschen –, haben wir uns vom Stoff beeindrucken lassen und sind gerne die Kooperation eingegangen und haben dann auch unser Know-how eingebracht.

Ist die Saga-Film auf Sie zugekommen?
Die Saga-Film habe ich in Berlin beim Koproduktionstreffen als sehr vertrauenswürdige Firma kennen gelernt. Ich habe die Kombination aus Stoff und der Orientierung, wohin die Reise gehen soll, für interessant befunden. Außerdem ist Dan Burlac, der federführende, kreative Produzent, ein ACE-Kollege, was eine zusätzliche Vertrauensbasis schafft. Es ist immer eine Freude für mich, ihn zu treffen. Wir sind auch für eventuelle Folgeprojekte im Gespräch. Seine Qualität besteht darin, dass er sich mit einem Bein sehr stark danach orientiert, was in Osteuropa vor sich geht, mit dem anderen im französischsprachigen Raum zu Hause ist, wo er viel unterwegs ist und wo er selber eine Firma hat. Für mich ist entscheidend, dass jemand seine Nasenspitze über einen regionalen Topf hinaushält und auch die entsprechenden Kontakte hat.

Wie lässt sich diese neue Generation charakterisieren?
Josef Aichholzer: Bogdan George Apetri kommt sehr stark vom Bild, das dürfte ausschlaggebend gewesen sein, dass er für den Studenten-Oscar nominiert war. Das war eine sehr fotografische Erzählung und er hatte in seinem Portfolio eine sehr attraktive Schatulle an Kurzfilmen, die internationale Anerkennung gefunden haben, bevor er diesen ersten Langfilm gedreht hat. Was ihn weiters auszeichnet, ist, dass er nach der üblichen Ausbildung in Rumänien in die USA ist, um dort eine Zusatzausbildung zu absolvieren. Ich finde, das macht die neue Generation der rumänischen Filmemacher aus - ihre Nähe zu den Charakteren, das spürt man auch sehr gut im Film. Damit meine ich eine gute Schauspielerführung am Set, aber auch die gute Figurenentwicklung beim Schreiben. Dazu kommt der gute Fundus an Schauspielern. Ich denke z.B. an den Der Tod des Herrn Lazarescu. Wenn man zu Beginn hineinschaut, spürt man die Ambivalenz zwischen einer Wahrhaftigkeit, die an narrative Dokumentarfilme erinnert und an eine Langsamkeit, die zu kippen droht. Ehe man sich’s versieht – je nachdem, ob man daran Gefallen findet oder nicht –, löst sich das auf und man ist gebannt. Das hat viel mit Schauspielern und der Führung von Charakteren zu tun. Dazu kommt, dass das narrative Handwerk wichtiger wird und das ist sicher seiner Erfahrung in den USA zu verdanken. Dort ist er ja nicht nur in der Schule gesessen, sondern hat dort auch gearbeitet.

Was hat Ihnen vom Inhalt her an der Geschichte gefallen?
Josef Aichholzer: Zum einen die tiefe Verankerung von Charakteren in einer Realität, die nicht nachgestellt ist, d.h. die nicht naturalistisch ist, sondern die ihren Realismus daraus bezieht, dass man spürt, dass es wahr ist und wo man nicht den Eindruck gewinnt, dass die reine Umsetzung einer Recherche, sondern da sind Figuren geschaffen worden. Zum anderen spürt man auch, dass diese Wahrhaftigkeit auch eine Erzählung hat, die einen hält. Oft ist es ja so, dass man sich denkt – interessante Figuren, interessantes Milieu, aber dann lässt die Aufmerksamkeit nach, weil die Erzählung nachlässt, weil die Erzählung nicht das bietet, was notwendig ist, um 90 Minuten die Aufmerksamkeit zu halten.

Wie sahen die Mehrheitsverhältnisse aus, wie ist der Produktionsprozess verlaufen?
Josef Aichholzer: Die Mehrheitsverhältnisse sind 80:20. Es gab ein sehr kleines Budget. Wenn man das jetzt filmpolitisch betrachtet, so steht aus meiner Sicht das Interesse im Vordergrund, sich dort zu vernetzen, wo es gute Partnerschaften gibt und nicht wo es darum geht, Entwicklungshilfe in Form von Cashflow zu schaffen. Wir sind auch angehalten, kreative Elemente einzubringen. Wir haben die Tonebene übernommen, d.h. wir haben in Rumänien beim Dreh den Set-Ton und hier in Wien das Sound Design und die Mischung gemacht. Dazu kam, dass das Budget mit € 800.000,- sehr bescheiden war, das ist bei uns ein Werkstatt-Projekt. Das ist momentan noch machbar, aber auch dort werden die Preise bald steigen. Für mich lag der Sinn dieser Kooperation darin, eine gute künstlerische Brücke zu einem Produzenten zu schlagen, mit dem mittelfristig gute Perspektiven bestehen und mit dem die Chemie stimmt. Da könnte auch in Zukunft etwas entstehen und das hat eine Investition von € 140.000,- aus österreichischen Geldern gekostet, was auch kaufmännisch Sinn macht. Da besteht nicht die Gefahr, nur als minoritärer Finanzpartner involviert zu sein, um hier Arbeitsplätze zu erhalten. Wir waren auch die einzigen Koproduktionspartner. für die Produktionsbetreuung nicht immer leicht, alles zusammenzuhalten. Es gab während des Drehs in Rumänien zwei Wochen miserable Wetterbedingungen, in diesem engen finanziellen Korsett war das natürlich eine enorme Belastung. Zum Schluss stellt sich ja nur die Frage, ist der Film gut? Und man muss im einzelnen Fall immer gut überlegen, ob eine Koproduktion Sinn macht. Bei einem Projekt wie Outbound geht es um künstlerische Brücken, um nachhaltige Produzentenbrücken, neue Konstellationen, für den Fall, dass wir für ein späteres Projekt etwas brauchen. So kann man etwas aufbauen. 

 

Interview: Karin Schiefer
Juli 2010