Brenner hat diesmal einen Fall am Land zu lösen. Dass es einer sein wird, der mehr sein Herz als seinen scharfen Verstand
in Anspruch nehmen wird, ahnt er nicht, als er wegen einer ausständigen Leasingrate in Richtung der steirischen Backhendlstation
des Herrn Löschenkohl aufbricht. Wolfgang Murnberger hat in seiner Wolf Haas-Verfilmung Nummer drei, Der Knochenmann, einige Überraschungen verborgen
Etwas mehr weiße Pracht zum rechten Zeitpunkt wäre willkommen gewesen. Denn schneeversunken und karg, bösartig und unbarmherzig
wie in Fargo, sollte die Landschaft sein, wenn es den Brenner diesmal in ländliche Gefilde verschlägt, um seine Nase in undurchsichtige
familiäre Angelegenheiten zu stecken. Der Knochenmann, so wird der Leser nun zu Recht sagen, das war doch die sommerliche Oststeiermark mit Fußball-Cup und dem ohrenbetäubenden
Vogelgezwitscher zur Morgendämmerung. Doch der dritte Brenner-Fall, den Wolfgang Murnberger soeben von Jänner bis März gedreht
hat, stößt nicht nur die meteorologischen Direktiven der Romanvorlage über den Haufen. Umsonst sucht man nach Goran Milovanovic,
dem begnadeten Torhüter mit der lockeren Zahnprothese, dem riesigen Fußballsack, wo plötzlich der Kopf des Stürmers Ortovic
unter den runden Ledern auftaucht oder den Galeristen Marko und seinen Künstlern. Zur Entschädigung werden sich neue Facetten
in Brenners spröder Persönlichkeit auftun.
Filmisch betrachtet, so Wolfgang Murnberger, enthält Der Knochenmann nicht wirklich einen glaubhaften Plot. Denn, wenn der Brenner dort ankommt, ist eigentlich alles vorbei. Wir haben uns daher
entschieden, die Handlung ganz umzukrempeln. Und da es eher eine Familiengeschichte ist, wo private Menschen in Verbrechen
involviert sind, hielten wir das für die ideale Ausgangssituation, um eine Liebesgeschichte unterzubringen. Es hat uns schon
immer gereizt, mal nachzusehen, wie sich der Brenner tut, wenn er sich mal wirklich in eine Frau verliebt. In bewährter
Manier ging das Drehbuch durch die Federn von Wolfgang Murnberger, Wolf Haas und Josef Hader, wobei letzterer diesmal den
größten Input beisteuerte und auch mit der Zusage zweier Wunschkandidaten von Josef Bierbichler für die Rolle des Löschenkohl
und Birgit Minichmayr als Schwiegertochter in der Feinarbeit bereits die Darsteller berücksichtigen konnte. Das
Schöne an dieser Drehbucharbeit, so Produzent Danny Krausz, ist, dass Wolf Haas sehr sorgfältig, aber auch sehr
flexibel mit seinem Helden umgehen lässt. Er wacht darüber, dass die Geschichte ihre Wurzeln nicht verlässt, auch wenn man
etwas dazu erfindet. So hat Brenner mit dem Kriminalfall diesmal nur indirekt zu tun und mit Löschenkohl, in dessen
Dunstkreis er durch einen Routineauftrag einer Leasingfirma gerät, eine zweite Hauptfigur zur Seite. Ich finde,
so Wolfgang Murnberger, dass unsere Figuren nun viel weniger Schablonen des Genrefilms ausfüllen als in den ersten beiden
Filmen. Mit dem Löschenkohl wollen wir erzählen, wie ein normaler Mensch in die Kriminalität hineinrutscht und durch einen
Irrtum in eine Gewaltspirale hineingerät, die nie beabsichtigt war. Brenner bleibt nur am Ort des Geschehens, weil er
sich verliebt hat, die einzige Fährte, die er verfolgt, erweist sich als falsch.
Mit dem Genre brechen und konventionelle Erwartungen durchqueren war auch in Der Knochenmann wieder die Prämisse seiner Autoren, die nicht nur versuchten, Brenner eine neue Note zu verleihen, sondern auch die größeren
wie kleineren Figuren an Profil gewinnen zu lassen. Brenners filmische Zukunft scheint jedenfalls ausbaufähig. Die Dor-Film
hat nicht nur die Rechte für sämtliche seiner Abenteuer gesichert, wir haben, so Danny Krausz, mit Komm, süßer Tod im deutschen Sprachraum ein gutes Ergebnis erzielt, mit Silentium in sehr wichtigen europäischen Ländern einen Kinostart gehabt und in Frankreich einen wichtigen Krimipreis gewonnen. Ich
halte den Brenner für eine auf sehr schräge Weise liebenswerte Figur, die Ecken und Kanten hat, deren Potenzial sich keineswegs
erschöpft, sondern im Gegenteil sich wachsender Bekanntheit und Beliebtheit erfreut. (ks)