Die Welt in Heller als der Mond ist grau, etwas schäbig und trist. Melancholie ist jene Stimmung, die alle Figuren die großen und die kleineren Verlierer
miteinander verbindet. Schwarz und Weiß gibt es in dieser Geschichte nicht, Gut und Böse auch nicht und schon gar nicht
die Trennung zwischen Luft und Erde. Die Personen schweben im Dazwischen, tappen durchs Niemandsland und verfolgen dort ihre
Träume bei Tageslicht, ohne sich auch nur irgendwie um die Stolpersteine der Realität zu kümmern. Sie sind komisch und rührend,
liebenswert und lächerlich zugleich.
Virgil Widrichs erster langer Spielfilm ist ein Märchen ohne Moral, eine lakonische Kriminalkomödie ohne Bösewichte, eine
witzig-poetische Skizze ohne Anspruch auf Ernsthaftigkeit. Julie (Piroska Székely) gelangt im Kofferraum zweier rumänischer
Ganoven in den Westen. Dort plant sie, wie ihre beiden Landsmänner, jedoch im Alleingang, mit einigen Bankrauben schnelles
Geld zu machen und ihrem Traum von der westlichen Konsumwelt konkrete Gestalt zu verleihen. Die beiden Männer lassen sie,
als sie ihren blinden Passagier entdecken, auf der Strecke. Julie begegnet dem Italiener Paolo (Christopher Buchholz), der
bescheiden davon träumt, in einem eigenen Restaurant ein ehrliches Auslangen zu finden. Reduktion der Gefühle Zwei Welten
und konträre Moralvorstellungen geraten aneinander, doch anstatt, dass es zu einem heilsamen Zusammenprall kommt, verfolgen
Julie und Paolo Seite an Seite jedoch in die jeweils entgegengesetzte Richtung beharrlich ihr Ziel. Irgendwann gegen Ende
sprühen doch die Funken zwischen beiden, doch selbst die heftigen Gefühle bleiben in Heller als der Mond recht temperiert.
"Die Figuren", so der Regisseur, "sind sehr vorsichtig und reduziert gezeichnet. Sie zeigen keine Gefühle und erklären sich
auch nicht selbst. Was ihnen allen gemeinsam ist, ob sie nun Ausländer sind oder aus Niederösterreich stammen, ist ihr Fremdsein.
Sie sind der Welt fremd und einander fremd". Reduktion lautete der Tenor nicht nur in emotionalen Belangen. Das Konzept der
Sparsamkeit kam auch dem mehr als knappen Budget sehr entgegen. Nachdem das Projekt dreimal vom ÖFI abgelehnt wurde, eine
deutsch-österreichische Koproduktion scheiterte und das Drehbuch zunächst nur auf das Wohlwollen von Stadt und Land Salzburg
stieß, entschied sich Virgil Widrich das Projekt in einer Low-Budget-Variante über seine eigene Produktions- und Multimediafirma
zu realisieren. Erstmals zwar als Spielfilmregisseur in Aktion, ist der 32-jährige Filmemacher alles andere als ein Neuling
in der Branche: eine eigene Verleihfirma, in der er mit Filmrechten handelte, experimentelle Arbeiten wie zuletzt tx-transform,
eine bahnbrechende Auseinandersetzung mit den Dimensionen von Raum und Zeit im bewegten Bild, oder die Entwicklung der Multimedia-Stationen
des Wiener Technischen Museums sind nur einige Aspekte seines vielfältigen Backgrounds. Der Enthusiasmus und Improvisationsgeist
der jungen Equipe von Heller als der Mond sorgten für eine einzigartige Arbeitsatmosphäre am Set.
"Das gesamte Team", resümiert Virgil Widrich, "bestand in den wesentlichen Positionen aus Erstlingen, das hat dem Film unheimlich
genützt, weil viel unkonventioneller gedacht wurde". Mut zur Eigenwilligkeit, der sich mit rund 20 internationalen Einladungen
zu Festivals darunter Rotterdam, Angers, Saarbrücken bezahlt gemacht hat. (ks)