Blick zurück auf ein Jahr, das mit drei österreichischen (Ko-) Produktionen im Wettbewerb von Berlin einen starken Auftakt
setzte, Michael Haneke nicht nur mit einem Golden Globe auszeichnete, sondern ihn auch als dritten österreichischen Filmemacher
in Folge nach Los Angeles in die Endauswahl um den Auslandsoscar entsandte, die beispiellose Festivalkarriere von LA PIVELLINA
fortsetzte und mit INSIDE AMERICA für eine Entdeckung im heimischen Kinonachwuchs sorgte.
Als das Jahr nach der Goldenen Palme (2009) und dem Oscar (2008) hatte es das Filmjahr 2010 nicht gerade leicht, sich gegenüber
seinen herausragenden Vorgängern zu behaupten. Die Festivalbilanz 2010 mag vielleicht weniger prestigereiche Highlights als
die Vorjahre vorweisen, nichtsdestoweniger trat die Marke Austrian Films auch im ablaufenden Filmjahr mit einer kontinuierlich
starken Festivalpräsenz und in einer eindrucksvollen Bandbreite in Erscheinung.
Ein beachtlicher Auftakt gelang mit dem Golden Globe an Michael Hanekes DAS WEISSE BAND, dem eine doppelte Nominierung in den Kategorien Bester nicht-englischsprachiger Film und Beste Kamera bei den Oscars folgte. Christian Berger musste sich zwar bei den Oscars geschlagen geben, konnte jedoch den renommierten Preis für die Beste
Kamera in einem Spielfilm der ASC (American Society of Cinematographers) für sich entscheiden.
Auf welch breiter Basis das heimische Filmschaffen steht, stellte kurz darauf die österreichische Präsenz bei der Berlinale unter Beweis, wo mit DER RÄUBER und JUD SÜSS - FILM OHNE GEWISSEN sowie der Koproduktion ON THE PATH erstmals drei Filme in den Wettbewerb um den Goldenen Bären geladen waren und Peter Kern darüber hinaus seinen Spielfilm
BLUTSFREUNDSCHAFT im Panorama präsentierte.
Als beispielloser Dauerrenner entpuppte sich Tizza Covis und Rainer Frimmels LA PIVELLINA, das, obwohl bereits 2009 in Cannes uraufgeführt, noch das ganze Jahr 2010 ein gefragter Gast auf Festivals war und mittlerweile
bei mehr als 130 Einladungen und 36 Preisen seit der internationalen Premiere hält.LA PIVELLINA wurde als österreichischer Kandidat für den Auslandoscar 2011 ausgewählt. Ein kräftiges Lebenszeichen der jungen Generation lieferte Barbara Eder, die mit INSIDE AMERICA, ihrem temporeichen Generationenporträt aus einer texanischen Highschool im Wettbewerb von Sarajewo aufhorchen ließ und etwas
wie einen Vorgeschmack auf ein Jahr 2011 bot, das neue Namen und Nuancen im jungen österreichischen Filmschaffen erwarten
lässt.
Blickt man näher auf das Festivaljahr in seiner Gesamtheit, so lassen sich in kreativer wie auch produktionstechnischer Hinsicht
zwei Strategien herauslesen, die immer mehr an Profil gewinnen und sich im Hinblick auf eine kontinuierliche und sichtbare
internationale Präsenz des Filmlands Österreich langfristig bewähren.
Eine Bilanz mit 352 Festivalteilnahmen von nicht weniger als 54 Filmen unterstreicht die Fortführung einer Tendenz, den filmischen Output inhaltlich wie formal auf eine möglichst vielfältige Basis
zu stellen - von Genrefilmen oder filmischen Kammerspielen bis zu publikumswirksamen Komödien oder experimentellen Dramen,
Filmen, die sich an der Grenze zwischen dokumentarischem und fiktivem Erzählen bewegen bis zu Dokumentarfilmen mit lokalen
oder globalen Ansätzen.
Von den 54 auf Festivals vertretenen Filmen feierten 21 im Jahr 2010 ihre internationale Premiere, insgesamt ergingen 27 Preise an elf verschiedene Filme.
Die Premieren (Auswahl): ARENA (Saarbrücken), DER RÄUBER (Berlin, Wettbewerb), JUD SÜSS - FILM OHNE GEWISSEN (Berlin, Wettbewerb),
BLUTSFREUNDSCHAFT (Berlin, Panorama), DIE FÜNF HIMMELSRICHTUNGEN (Thessaloniki Documentary Festival), LIEBE GESCHICHTE (Nyon),
DER KAMERAMÖRDER (Moskau), INSIDE AMERICA (Sarajewo), ARAB ATTRACTION (Amsterdam, Wettbewerb), ALLENTSTEIG (Amsterdam, Reflecting
Images - Masters)
Darüber hinaus erlangten auch noch mehrere internationale Koproduktionen mit einer minoritären, manchmal nur kleinen österreichischen Beteiligung breite internationale Beachtung: ON THE PATH
von Jasmila Zbanic (Berlin, Wettbewerb), TENDER SON - THE FRANKENSTEIN PROJECT (Cannes, Wettbewerb), ADRIENN PÁL (Cannes,
Un Certain Regard), OUTBOUND (Locarno, Wettbewerb), THE POLL DIARIES (Rom, Wettbewerb). Hier wird ein langfristiges strategisches
Engagement vieler österreichischer Produzenten wirksam, die nicht aus rein finanziellen Gründen, sondern vielmehr dank ihres
Inputs als kreative Produzenten als sehr gefragte Partner in internationalen Koproduktionen gelten.
Das anhaltende internationale Echo auf das österreichische Filmschaffen machte sich auch 2010 in einem hohen Interesse des
heimischen Kinopublikums für die nationale Filmproduktion bemerkbar. Österreichs Kinobetreiber konnten 2010 mehr als 800.000 Besucher bei Projektionen von österreichischen Filmen registrieren. Zu den erfolgreichsten Filmen zählen dabei mit Stand vom
21.12.2010 Andreas Prochaskas DIE UNABSICHTLICHE ENTFÜHRUNG DER ELFRIEDE OTT (192. 048), P.A. Straubingers AM
ANFANG WAR DAS LICHT (92.612), Michael Hanekes DAS WEISSE BAND, konnte nach seinem Kinostart 2009, in diesem Jahr mit 115.082
Besuchern abschließen.
Ein Blick voraus verspricht ein facettenreiches Filmjahr 2011, das mit Spannung erwartete neue Arbeiten von Wolfgang Murnberger (MEIN BESTER FEIND), Michael Glawogger (WHORES' GLORY), Nikolaus Geyrhalter (ABENDLAND), Ruth Beckermann (AMERICAN PASSAGES), Edgar Honetschläger (AUN), Erwin Wagenhofer (BLACK BROWN WHITE) und Ulrich Seidl (PARADIES) bringen wird und darüber hinaus mit Spielfilmdebüts von Marie Kreutzer (DIE VATERLOSEN), Johannes Hammel (FOLGE MIR), Anja Salomonowitz (SPANIEN), Markus Schleinzer (MICHAEL), Karl Markovics (ATMEN) und Sebastian Meise (STILLLEBEN) neue Erzählweisen im österreichischen Film verspricht.