INTERVIEW

«Wir sind an einem Punkt, wo alles neu gedacht werden muss.»

Michaela hat dem Haus ihrer Kindheit seit langem den Rücken gekehrt und eine eigene Familie gegründet. Nach dem Tod ihres Vaters hat sie aber keine Wahl. Sie muss zurück an den Ort schrecklicher Erlebnisse.  Begleitet wird sie von ihrer achtjährigen Tochter Hanna, die wie ein Spiegel verdrängte Erinnerungen an die Oberfläche holt und ihre Mutter dazu bringt, sich endlich einem blinden Fleck in ihrer Geschichte zu stellen. Heimsuchung ist Achmed Abdel-Salams Regiedebüt sowie für Produzentin Lena Weiss und ihre Produktionsfirma Glitter & Doom der erste abendfüllende Spielfilm, der zugleich als Pilotprojet für Green Producing neues und nachhaltiges Denken im Filmschaffen einleiten soll.


Nach einem ersten Dokumentarfilm Arche Nora, der 2020 beim Max Ophüls Preis in Saarbrücken im Wettbewerb gezeigt wurde, ist nun Heimsuchung der erste abendfüllende Spielfilm, der von Ihrer Produktionsfirma Glitter & Doom produziert wird. Wie würden Sie das Profil von Glitter & Doom skizzieren? Was hat Sie veranlasst, mit Heimsuchung in die Spielfilmproduktion einzusteigen?

LENA WEISS:
Ich habe die Glitter & Doom Filmproduktion 2017 gegründet, Eugen Klim ist 2020 dazu gestoßen. Arche Nora war unser erstes Projekt, ursprünglich als Kurzfilm gedacht, ist es dann über die Jahre doch ein langer Film geworden. Nach vielen Corona-bedingten Verzögerungen kommt er im Herbst endlich ins Kino. Heimsuchung ist nun unser erster langer Spielfilm. Dass es ein Genre-Film ist, stand für uns nicht im Vordergrund, man muss auch sagen, dass Heimsuchung kein Splatter-Movie, sondern ein psychologischer Horror-Film ist. Der Autor und Regisseur Achmed Abdel-Salam hat mir vor Jahren das Drehbuch geschickt, das mich fasziniert hat, weil es ein intimes Drama zwischen einer Mutter und ihrer Tochter erzählt, das mit den Mitteln des Horrorfilms seine ideale Umsetzung bekommt. Was aus unserer Sicht darüber hinaus für dieses Projekt sprach, war der Umstand, dass es uns mit wenigen Figuren, wenigen Locations und keinem allzu hohen Budget als ein sehr gut finanzier- und umsetzbares Projekt für einen ersten Spielfilm erschien. Wie lässt sich das Profil von Glitter & Doom umreißen? Wir wollen Filme und Serien produzieren, die wir bewegend oder relevant finden, die ein breites Publikum erreichen können, aber auch einen künstlerischen Anspruch haben. Unser Spektrum kann einen psychologischen Genrefilm wie Heimsuchung ebenso umfassen wie einen experimentellen Dokumentarfilm, den wir gerade mit dem Künstlerkollektiv Total Refusal entwickeln und der in einem Computerspiel entsteht. Darüber hinaus arbeiten wir an Serien, die wir gerne mit großen Streamern produzieren würden.


Wann sind Sie mit dem Projekt in Berührung gekommen?

LENA WEISS:
Achmed Abdel-Salam ist auch der Drehbuchautor von Heimsuchung. Erstmals erzählt davon hat er mir 2016; wir haben dann gemeinsam um Projektentwicklung eingereicht, intensiv entwickelt und dann relativ lange an der Finanzierung gearbeitet. Bei der dritten Herstellungseinreichung hat es dann geklappt. Wir haben als Team wirklich sehr viel Herzblut in diese Entwicklung gesteckt.


Besteht zu Achmed Abdel-Salam eine Verbindung, die in die Studienzeit auf der Filmakademie zurückreicht?

LENA WEISS:
Achmed und ich waren in einem Jahrgang und es hat sich letztlich herausgestellt, dass ziemlich viele Key-Positionen auch aus diesem Jahrgang besetzt sind: Alexander Dirninger macht Kamera, Matthias Writze schneidet gemeinsam mit Anna Kirst. Mit der Szenenbildnerin Winnie Küchl habe ich schon mehrere Kurzfilme gemacht, auch mit der Tonmeisterin Theda Schifferdecker, Sounddesignerin Lenja Gathmann oder Kostümbildnerin Veronika Harb habe ich schon oft zusammengearbeitet. Es ist meine erste Zusammenarbeit mit Achmed als Regisseur, aber wir haben bei vielen kleineren Gelegenheiten im Verlauf des Studiums zusammengearbeitet.
Wir waren ein besonders stark zusammengeschweißter Jahrgang, in dem auch enge Freundschaften entstanden sind und in dem wir in den unterschiedlichsten Konstellationen Filme miteinander gedreht haben. Entscheidend ist, dass man sich gut versteht und eine gemeinsame Vision vom Filmemachen hat. In unserem Jahrgang haben sich sehr viele Synergien ergeben. Ich habe mir vor der Firmengründung auch Alternativen überlegt. Mich interessiert am Produzieren vor allem die kreative Seite, d.h. die Beschäftigung mit Drehbüchern, Casting, Schnitt. Es ist mir ein Anliegen, in enger Kooperation mit den Filmschaffenden einen gemeinsamen Weg zu gehen und ich kannte kein Modell, wo ich so hätte arbeiten können, wie ich wollte.


Wie würden Sie Achmed als Regiepersönlichkeit beschreiben?

LENA WEISS:
Achmed ist ein sehr gewissenhafter Regisseur mit einer klaren Vision. Die Arbeit mit den Schauspieler*innen steht für ihn im Vordergrund, schon in der Vorbereitung hat er intensiv mit ihnen gearbeitet. Er weiß genau, was er will und kommuniziert das sehr klar. Und er ist unglaublich ruhig und freundlich, das macht das Arbeiten mit ihm sehr angenehm.


Heimsuchung ist ein interessanter Titel, der ans Auftauchen der Geister der Vergangenheit denken lässt, aber auch an eine Rückkehr an die Orte der Kindheit, eine Suche nach dem Zuhause, was der Schauplatz des Films für die Protagonistin nie gewesen ist. Welche Art von Horrorfilm ist Heimsuchung?

LENA WEISS:
„Heimsuchung“ ist zurzeit ein Arbeitstitel, der sich noch ändern kann. Beide Bedeutungen spielen definitiv eine Rolle. Es ist ein sehr stark auf die Figuren Mutter und Tochter zentrierter Film. Das Haus von Michaelas Kindheit, das sie nach dem Tod ihres Vaters wieder aufsuchen muss, erweckt ihre verdrängten Erinnerungen. Anfangs sind es nur kleine Details, sie gerät aber durch ihre Erinnerungen und Begegnungen mit Menschen, Orten und Objekten, die ebenfalls Assoziationen in ihr hervorrufen, immer stärker in einen Strudel, der sie in die Vergangenheit zieht. Immer mehr Verdrängtes wird aufgeblättert.


Es gibt zwei Hauptfiguren – Michaela und Hanna – , sie sind Mutter und Tochter, Hanna ist aber ihrer Mutter auch Alter Ego. Welche unheimlichen Kräfte wirken auf die beiden, welches Schicksal gilt es zu entflechten?

LENA WEISS:
Eine zentrale Frage, die Achmed, der selbst Vater zweier Kinder ist, auch zum Buch inspiriert hat, ist: Was gibt man an guten, was an schlechten Dingen an seine Kinder weiter? Was hat Michaela von ihren eigenen Eltern übernommen, was gibt sie an Hanna weiter? Was spiegelt ihre Tochter von ihrem Innenleben wider? Was projiziert sie in ihre eigene Tochter? Und dazu kommt der Umgang mit und das Schweigen über ein Trauma aus ihrer Kindheit.


Für die Besetzung musste zwei Darsteller*innen gefunden werden, die sehr gut zusammenpassten. Wer spielt die beiden Hauptrollen? Wie verläuft ihr Zusammenspiel bei den Dreharbeiten?

LENA WEISS:
Cornelia Ivancan ist eine österreichische Schauspielerin, die seit vielen Jahren in Berlin lebt. Für die Rolle der Michaela haben wir intensiv gecastet, haben aber relativ schnell zu einer Entscheidung gefunden. Cornelia hat uns ein Casting-Video aus Berlin geschickt, bei dem wir Gänsehaut bekommen haben. Wir haben sie dann eingeladen und waren schnell überzeugt. Sie ist schon sehr lange fix bei diesem Projekt und hat auch schon den Teaser im Sommer 2019 mit uns gedreht. Für die Rolle der achtjährigen Hanna haben wir nach einem langen Prozess Lola Herbst ausgewählt. Sie musste nicht nur spielen können, sondern auch von der Persönlichkeit her die Voraussetzungen mitbringen, dass wir ihr zutrauen konnten, zum Teil sehr schwierige und auch unheimliche Szenen zu spielen. Außerdem hat sie viele Drehtage, die Eltern mussten mit unseren Anforderungen einverstanden sein und natürlich musste sie vom Aussehen her mit Cornelia zusammenpassen. Mit Lola haben wir einen großen Glücksgriff gemacht. Jedesmal, wenn ich Muster sehe, bin ich hin und weg, wie professionell und überzeugend sie spielt. Gerade bei Kindern muss man sich im Castingprozess nicht nur sehr viele Kinder anschauen, sondern sich mit den Einzelnen viel Zeit nehmen, um Dinge zu besprechen, um zu spüren und auszuprobieren, was möglich ist.


Eine wichtige Rolle spielt das Haus von Michaelas Vater, das nach dessen Tod ausgeräumt werden muss. Heimsuchung ist auch ein Pilotprojekt für Green Filming. Gab es gemäß der ökologischen Richtlinien Vorgaben, die Sie bei der Auswahl des Hauses bereits berücksichtigt haben?

LENA WEISS:
Die Motivsuche war alles andere als einfach. Wir hatten schon eine sehr gute Option in der Nähe von Wien, die aber dann leider nicht funktioniert hat und wir mussten uns erneut auf die Suche begeben. Wir sind letztlich in Stockerau fündig geworden. Die Geschichte dieses Hauses hat in gewisser Weise mit unserer Geschichte zu tun. Auch beim Haus unseres Hauptmotivs ist zuvor ein älterer Herr verstorben. Er hatte es ziemlich herunterkommen lassen. Bei der ersten Begehung war uns ganz schön unheimlich zumute. Dieses Haus hat also schon Einiges mitgebracht; darüber hinaus steht es sehr allein, umgeben von Natur. Das ist ja oft so in diesem Genre, dass ein Haus eine Art Protagonist wird. Im Hinblick auf Green Producing war es auf alle Fälle eine Herausforderung. Das Haus steht allein auf weiter Flur, es gibt wenig Infrastruktur, wir wollen aber keinen riesigen Fuhrpark aufstellen. Dank der Unterstützung durch die Gemeinde und der großen Bereitschaft zur Mithilfe innerhalb des Teams, war es möglich, dass wir den Auflagen für Green Producing gerecht werden und gleichzeitig gut arbeiten konnten. Wir haben schlaue Lösungen gefunden, was Strom, was Licht betrifft. Wir haben auf den Masken- und den Kostümbus und Aufenthaltsmobile verzichtet. Ich bin dem Team sehr dankbar, dass da alle so mitgemacht haben.


Sie haben sich mit dem Aspekt des Grünen Produzierens intensiv auseinandergesetzt. Was hat Sie dazu veranlasst? Wie haben Sie sich in diese Thematik vertieft?

LENA WEISS:
Als Privatperson interessiert mich dieses Thema schon lange – und es sollte uns ja alle interessieren. Im März 2020 habe ich kurz vor dem Lockdown über die Lower Austria Film Commission bei Philip Gassmann einen viertägigen Kurs gemacht und verfolgte davor schon den Plan, meine Masterarbeit über Nachhaltigkeit und Green Filming zu schreiben. Während des Lockdowns habe ich mich an die Arbeit gemacht und meinen Fokus auf europäische Anreizmodelle – finanzielle wie nicht-finanzielle – für Green Filming gesetzt. Es gibt die verschiedensten Modi, Produktionsfirmen zu einem grüneren Verhalten in der Filmproduktion zu bewegen. Da es in Österreich noch sehr wenig gab, war es mir einerseits ein Anliegen, eine Bestandsaufnahme zu erheben, andererseits habe ich auch Ideen formuliert, was man noch zusätzlich machen könnte. Ich bin auch in der Wirtschaftskammer punkto Green Filming aktiv und ich wollte meine Masterarbeit auch dazu nutzen, um in der Praxis etwas zu bewegen. Die Erkenntnisse sind dann in das Konzept einer Investitionsprämie mit Green Bonus eingeflossen, die hoffentlich bald von der Politik umgesetzt wird.


Ab 2022 werden seitens des ÖFI Richtlinien für Green Producing in Kraft treten. Wie sehen dafür die wichtigsten Punkte aus?

LENA WEISS:
Man geht mit Richtlinien zum Green Producing eine Gratwanderung: Zum einen sollen Anreize und eine Bewusstseinsbildung für ein geändertes Verhalten geschaffen werden, andererseits darf man kleineren Produktionsfirmen durch zu strenge Auflagen das Produzieren nicht unmöglich machen, da diese Vorgaben immer mit einem gewissen administrativen und teils finanziellen Aufwand verbunden sind.
Ich denke, es ist richtig, sehr niederschwellig im Bereich der Bewusstseinsbildung zu beginnen. Eine Zertifizierung mit dem Umweltzeichen ist nicht verpflichtend. Beim ÖFI muss man ab Jänner 2022 bei der Abrechnung einen Bericht verfassen, was man in Richtung Green Producing versucht hat, was funktioniert bzw. nicht funktioniert hat. Auch etwaige Mehrkosten sind nach Überprüfung förderbar. Ein Grund, warum wir Heimsuchung als Green Producing-Pilotprojekt durchführen, liegt darin, Kostentransparenz zu schaffen und Daten zu sammeln, denn bisher scheiden sich noch die Geister, ob Green Producing ein Mehr an Kosten schafft oder nicht. Wenn man nach grünen Lösungen sucht, spart man z.B. Strom, spart man im Fuhrpark ein, andererseits gibt es Aspekte, wo Nachhaltigkeit zumindest in der Anfangsphase schon Mehrkosten verursacht, allein durch die höheren Personalkosten wegen des Rechercheaufwands und der Kommunikation.


Was hat es für die aktuelle Produktion und die Zusammenarbeit im Team bedeutet? Wie schwer oder leicht fällt das Umdenken in der Praxis?

LENA WEISS:
Prinzipiell ist die Prämisse, grün zu produzieren eine große Herausforderung. Das darf man auf keinen Fall kleinreden. Die Lower Austria Film Commission hat uns von Anfang an sehr tatkräftig mit ihrem Knowhow unterstützt. Wir sind an einem Punkt, wo noch nichts automatisch geschieht, sondern alles hinterfragt und neu gedacht werden muss. Das kostet Zeit und es gibt in Österreich noch sehr wenig Infrastruktur, um die Dinge auch umzusetzen. Das beginnt mit den Autos: Elektroautos oder CNG-Wägen im Verleih zu finden, unter Bedingungen, die in der Filmproduktion wichtig sind (Stichwort Selbstbehalt, kurze Mietdauer) ist beinahe ein Ding der Unmöglichkeit. Barbara Pridnig, unser Green Consultant für Heimsuchung, hat nach intensivster Recherche zwei e-Vans gefunden. Unsere Produktionsbusse – zwei Minivans – sind also elektrisch betrieben, darüber hinaus haben wir noch ein weiteres hybrid betriebenes Auto in der Flotte. Unser Team ist sehr jung, das macht Manches wohl einfacher, weil viele ohnehin mit dem Fahrrad fahren oder darauf achten, was sie essen, wie sie arbeiten. Für das Lichtkonzept haben sich Oberbeleuchter Alex Haspel und Kameramann Alexander Dirninger tolle Lösungen überlegt, um mit weniger Stromverbrauch beeindruckende Bilder zu schaffen. Als Produktionsleiter haben wir uns ganz bewusst einen „alten Hasen“ an Bord geholt: Robert Opratko hat sich auf das Thema unvoreingenommen eingelassen und ich habe den Eindruck, dass dieser neue Zugang viel Umdenken in ihm ausgelöst hat. Es kommt bei uns allen zu einer Bewusstseinsbildung über das Filmset hinaus. Wo in Österreich dringend Handlungsbedarf besteht, ist in der Infrastruktur – beim Fuhrpark, bei Generatoren… Wir haben beim Catering zwei vegetarische Tage/Woche eingeführt, Mehrwegbecher und keine Plastikflaschen verwendet, immer Müll getrennt, wo möglich Ökostrom benutzt. Das Team vom Szenenbild war sehr aktiv, da wurde nur für kleinere Bauten neues Holz gekauft, alles andere, was besorgt wurde, wurde gebraucht gekauft und wir achten auch darauf, dass im Sinne der Kreislaufwirtschaft möglichst viel weiterverkauft oder recycelt wird. Im Kostüm haben wir zum Teil Second Hand Kleidung verwendet… Die Liste ist lang.


Haben Sie den Eindruck, dass Sie Ihre Ambitionen punkto Green Producing umsetzen konnten?

LENA WEISS:
ich würde sagen, teilweise. Auch weil es ein Erstlingsprojekt ist, waren wir in der Kommunikation mit dem Team achtsam. Wir haben unser Anliegen thematisiert, gleichzeitig schon darauf geachtet, niemandem das Gefühl der Einschränkung zu vermitteln. Wir wollten gewisse künstlerische Entscheidungen nicht unmöglich machen, nur um unseren hohen Ansprüchen beim Green Filming gerecht zu werden. Oft haben wir Lösungen gefunden, die dann idealerweise in beiderlei Hinsicht zu einem guten Ergebnis geführt haben. Uns war bewusst, dass wir ein begrenztes Budget und es auch mit einem ersten Spielfilm zu tun hatten. Dass wir am Ende nicht CO2-neutral produzieren würden, war uns klar. Wir haben unser Möglichstes getan – man muss aber immer noch einen Film drehen. Eine Filmproduktion ist ein massiver Eingriff in die Umwelt, das ist ein Faktum. Man bläst CO2 raus, man produziert Müll, man ist viel mit dem Auto unterwegs. Man kann nur versuchen, das alles so nachhaltig wie möglich durchzuführen – und natürlich am Ende den CO2 Verbrauch zu kompensieren. Abgesehen von Anschaffungen und Investition in Infrastrukturen, die getätigt werden müssen, geht es vor allem um einen Umdenkprozess. Man muss gewisse Automatismen, die sich in der Filmproduktion festgefahren haben, hinterfragen und versuchen, die Leute mit ins Boot zu holen. Wenn man diesen Umdenkprozess aktiv mitträgt, dann kann man schon sehr viel in Bewegung bringen.


Heimsuchung ist nun Ihr erstes Spielfilmprojekt, das Sie mit der Prisma Film als Senior Produzenten realisieren. Was für eine Bilanz können Sie nach diesen ersten Drehwochen ziehen?

LENA WEISS:
Die Zusammenarbeit mit unserem Senior Partner Prisma Film läuft sehr gut. Ich habe schon als Produktionsleiterin und als Producerin mit ihnen zusammengearbeitet, daher besteht ein großes Vertrauensverhältnis. Für mich waren sie daher der logische Partner. Wir haben es so aufgeteilt, dass die Prisma Film die räumliche und administrative Infrastruktur zur Verfügung stellt, was uns den Rücken freihält, uns im kreativen Bereich einzubringen und mit dem Team zusammenzuarbeiten. Eigentlich eine ideale Situation.
Ich bin extrem zufrieden. Die Bilder sind toll, bis jetzt läuft alles erstaunlich glatt. Ich glaube, das ist eine Mischung aus Glück und guter Vorbereitung. Nach meinen Erfahrungen als Produktionsleiterin, wo man wirklich alles weiß, hat es mich überrascht, wie viel weniger man als Produzentin mitbekommt. Das ist ungewohnt. Ich versuche, relativ viel am Set zu sein. Wir waren in der Vorbereitung sehr stark involviert und es wäre jetzt seltsam, nicht bei der Umsetzung dabei zu sein. Zeit am Set produziert einfach viele Glückshormone. Hin und wieder müssen Entscheidungen getroffen werden, in manche Dinge ist man auch stärker involviert. Aber es ist überraschend zu erleben, wie sehr das Ding von allein läuft.


Hat auch das wechselhafte Sommerwetter den Dreh nach Plan verlaufen lassen?

LENA WEISS:
Das Wetter war in der Tat ein sehr spannender Aspekt, weil das dieses Jahr aufregender ist, als man das sonst gewohnt ist. Wir hatten sehr viele Außendrehs. An einem der Sonntage wurde uns mitgeteilt, dass an unserem Hauptmotiv Hochwasseralarm sei. Wir haben das ganze Equipment und die Autos in Sicherheit gebracht. Am nächsten Tag um 6 Uhr morgens konnten wir gottseidank feststellen, dass der Pegel nicht so hoch gestiegen war. Bei jeder Hagelwarnung in Niederösterreich haben wir gezittert, weil wir auch in einem Sonnenblumenfeld drehen. An den Wetterextremen in diesem Sommer merken wir, wie sehr klimatische Veränderungen spürbar werden und eine neue Unsicherheit bringen. Der Sommer ist extremer und drastischer geworden. Es geht nicht um die Frage – ist es sonnig, wolkig oder regnerisch? Es geht um Fragen – wird unser Feld weghagelt? Oder schlägt der Blitz am Set ein? Es war schon dramatisch.


Interview: Karin Schiefer
August 2021

«An den Wetterextremen in diesem Sommer merken wir, wie sehr klimatische Veränderungen spürbar werden und eine neue Unsicherheit bringen. Der Sommer ist extremer und drastischer geworden. Es geht nicht um die Frage – ist es sonnig, wolkig oder regnerisch? Es geht um Fragen – Wird unser Feld weghagelt? Oder schlägt der Blitz am Set ein? Es war schon dramatisch.»